Erstbesteigung des Mount Everest Erstbesteigung des Mount Everest: Edmund Hillary: Ein Leben für die Sherpas
Wellington/dpa. - Zuerst war er noch ein unbekannter Bienenzüchter vom Ende der Welt, am nächsten Tag schon lag sie ihm zu Füßen. Nachdem Edmund Hillary am 29. Mai 1953 als erster den Mount Everest gemeinsam mit dem Sherpa Tensing Norgay bezwungen hatte, regneten die Würdigungen auf den Neuseeländer nur so herab. Die Queen schlug ihn zum Ritter, sein Bild wurde auf einer Banknote seiner Heimat verewigt. Leicht hätte Hillary - nunmehr Sir - den Lohn der Mühen bis ans Ende seiner Tage auskosten können. Stattdessen widmete der schlaksige Mann sein Leben den Sherpas - aus Dankbarkeit.
«Ich denke, dass ich ein ziemlich gewöhnlicher Neuseeländer bin, vielleicht nicht sehr schlau, aber entschlossen und praktisch bei dem, was ich tue», sagte er inzwischen 83-Jährige kürzlich in einem Interview. Wie er die Erstbesteigung des höchstes Berges der Erde anging, so engagierte er sich für seine Stiftung, den «Himalayan Trust», reiste um den Globus, berichtete vom Dach der Welt und jenen rund 100 000 Sherpas, die auf ihm leben, um Spenden zu sammeln. Die Bilanz: 27 Schulen wurden davon gebaut, zwei Krankenhäuser, ein Dutzend kleinerer Kliniken, dazu Straßen und Brücken.
Als Sohn eines Zeitungsredakteurs am 20. Juli 1919 im nordneuseeländischen Auckland geboren, deutete in Hillarys jungen Jahren wenig auf spätere Großtaten hin. Kleiner und jünger als die meisten seiner Mitschüler war er. «Ich war ein scheuer Junge mit Minderwertigkeitsgefühlen, die ich immer noch habe», sagte er einmal. Auch beim Sport empfand Hillary sich unterlegen, suchte Zuflucht in Büchern und träumte von einem Leben voller Abenteuer.
Die Liebe zu den Bergen entdeckte er im Alter von 16, während eines Schulausflugs zum Mount Ruapehu. Schnee faszinierte ihn und der Jugendliche entdeckte, dass er trotz allem körperlich stark war und besser durchhielt als viele seiner Klassenkameraden. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg stand sein Ziel fest: «Eines Tages besteige ich den Mount Everest», vertraute er damals einem Freund an.
Hillary behielt seine Beharrlichkeit als er bei der Hilfe für die Sherpas mit anpackte. «Er war immer dabei, schleppte Steine und Zement, schwang den Hammer, war an ihrer Seite», berichtete die amerikanische Fotografin Anne Keiser, die das Lebenswerk des Neuseeländers über zwei Jahrzehnte dokumentierte. «Er hätte von ihnen nie etwas verlangt, was es nicht auch selbst getan hätte.»
Doch das Engagement forderte auch seinen Preis. 1975 starben seine Frau Louise und die 16-jährige Tochter Belinda bei einem Flugzeugabsturz nahe Kathmandu, als sie auf dem Weg zu ihm waren. Hillary begann plötzlich an Höhenkrankheit zu leiden, musste nicht nur einmal mit einem Lungenödem aus den Bergen geflogen werden. «Ich hatte einmal eine außergewöhnliche Fähigkeit, mich zu akklimatisieren. Aber über die Jahrzehnte ist es bergab gegangen», klagte er.
In den Jahren zuvor hatte Hillary kaum etwas ausgelassen, was Abenteuer versprach. Er fuhr mit einem Traktor zum Südpol und suchte im Himalaya nach dem sagenhaften Schneemenschen, dem Yeti. 1977 fuhr er in Indien den Ganges stromaufwärts. Eine Herausforderung der anderen Art hatte er zwischen 1985 und 1989 zu meistern, als der Bergsteiger neuseeländischer Botschafter in Indien war.
Längst ist er der berühmteste lebende Sohn des pazifischen Inselstaats - schon alleine wegen seiner legendären Worte kurz nach dem Abstieg vom Mount Everest, die in seiner Heimat wie eine Art Nationalgut betrachtet werden: «Wir haben den Bastard geschlagen.» («We knocked the bastard off»)