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Düsseldorf Düsseldorf: Fans pilgern zu Ricky Shaynes Kiosk

Von Eva Gerten 06.04.2009, 16:36

Düsseldorf/dpa. - Angeblich sollte sie «Mamy-Blue-Büdchen» heißen, nach einem seiner bekanntesten Songs. Aber der 64 Jahre alte Shayne, in schwarzen Klamotten und mit einer daumendicken Kette um den Hals, steht hinter der Theke und schmunzelt: «Weißt du, Madam, gestern hieß sie so, heute heißt sie anders. Und morgen ist ein neuer Tag.» Es ist sein Lebensmotto.

In Kairo geboren, im Libanon mit französischer Mutter und kanadischem Vater groß geworden, sang Shayne zuerst in Italien und kam Mitte der 60er Jahre nach Deutschland. Mit «Ich sprenge alle Ketten» sprengte er die Charts und sahnte in der Folge Goldene Schallplatten in Serie ab, er war Dauergast in den TV-Hitparaden. Er ging in die Staaten, kam wieder zurück nach Europa. Hier ein Comeback, da ein Revival. Er machte dies und das, mal in Kunst, mal in Textilien. Und dann hörte man lange nichts von dem Mann mit der Gitarre - bis er den Kiosk in Düsseldorf-Flingern aufschloss.

Konkreten Fragen nach der Zeit zwischen damals und heute weicht Ricky Shayne aus: «Madam, ich habe immer Musik gemacht und werde immer Musik machen, bis ich tot umfalle. Der Kiosk ist nur Hobby, eine Idee meiner Frau. Ich schreibe jeden Tag neue Songs.» Wenn «der richtige» Produzent anrufe, habe er eine Schublade voller Hits.

Die Show im Kiosk fängt um 06.00 Uhr morgens an, täglich außer am Sonntag. Die Leute holen sich ihre Monatstickets für Bus und Bahn bei Ricky Shayne, und mancher füllt vor dem Frühstück seinen Biervorrat für den Tag. «Aber hier drin wird nicht getrunken», beharrt der Sänger, der selbst keinen Tropfen anrührt. Seinen Laden putzt er selbst, der Boden ist blitzblank, der Service grundsolide. Drei Tische stehen vor einer langen roten Sitzbank.

Ein älterer Kunde nimmt Platz, nachdem er mit einem «Good Morning, Sir» begrüßt worden ist. Wie selbstverständlich schnappt sich der Kunde die 30 Jahre alte Gitarre, die da an der Wand lehnt. Während er Akkorde schrammelt, stimmt Ricky Shayne «House Of The Rising Sun» an. Nach dieser Spontan-Einlage ist die morgendliche Session auch schon wieder beendet. Der Mann kauft noch Zigaretten, bevor er geht. «Ist das nicht wahres Showbusiness?», freut sich Shayne. «Wer behauptet, das Schlagergeschäft sei für mich vorbei, ist ein Idiot. Morgen kann alles anders sein.»

Vor ein paar Wochen ist er noch in Hamburg aufgetreten. Ein Fest für die Fans, die dem Schlagerkönig all die Jahre treugeblieben sind. Jetzt haben sie endlich auch eine Pilgerstätte. Aus allen Ecken Deutschlands kommen Rickys Anhänger in den Düsseldorfer Kiosk, treten ihrem Idol mit feuchten Augen und Händen gegenüber, lassen sich die alten Platten signieren. Vor allem natürlich die Frauen. «Dann fühle ich mich wie ein Heiliger. Dabei bin ich nur ein einfacher Rock'n'Roller. Aber Hauptsache, die Leute freuen sich. Meine Fans würde ich nie im Stich lassen.»