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Dreiste Beutelschneider bei Ebay Dreiste Beutelschneider bei Ebay: Astronomische Preise für Trockenhefe in Corona-Krise

Von Steffen Könau 01.04.2020, 07:27
Teure Hefe
Teure Hefe Steffen Könau

Halle (Saale) - Die heiße Ware liegt irgendwo in Marburg, sicherlich in einem Tresor, denn sie ist fast so wertvoll wie Edelmetall. Über zehn Euro brachte ein Päckchen Trockenhefe einem findigen Verkäufer auf der Internetauktionsplattform Ebay in dieser Woche, ein Päckchen mit sechs Beuteln á sieben Gramm, zusammen also 42 Gramm leicht. Hochgerechnet auf ein Kilo, das etwa 250 Euro kosten würde, liegen die sechs kleinen Tütchen beim halben Preis von Silber. Und - Portokosten eingerechnet - astronomische 800 Prozent über dem Preis, den der Markenhersteller der Backzutat selbst in seinem Online-Shop verlangt.

Ein Wahnsinn, selbst in Corona-Zeiten. Zwar ist in den Supermärkten derzeit zuweilen Toilettenpapier knapp und Milch wird hier und da rationiert. Doch von einer Hefeknappheit war bisher nichts zu hören. Doch Trockenhefe geht sogar zu noch höheren Preisen über den virtuellen Ladentisch: So kassierte eine Verkäuferin aus Oy-Mittelberg im Allgäu 15.50 Euro für ein einziges Tütchen. Das entspricht einem Kilopreis von mehr als 2.000 Euro. Fast fünfmal so viel wie dieselbe Menge Silber kostet.

Deutlich höhere Profitrate als im Drogenhandel

Zwischen Einkauf und Verkauf liegt eine Profitrate von fast 6.000 Prozent, deutlich mehr als im Drogenhandel erzielt wird. Zuviel, finden die beiden großen Handelsplattformen Ebay und Amazon, die schon seit Wochen gegen Wucherpreise kämpfen.

Nachdem private Verkäufer den Mangel an Schutzmasken und Desinfektionsmitteln ausnutzten und Pfennigartikel wie OP-Masken oder Toilettenpapier zu Mondpreisen anboten, griff Ebay durch. Auf der Plattform dürfen seitdem nun nur noch Händler mit Gewerbeschein Toilettenpapier und Schutzmasken anbieten. Privathändler, die es versuchen, müssen mit der Sperrung ihres Kontos rechnen.

Tausende Angebote bei Ebay entfernt

Man wolle sicherstellen, „dass Ebay auch in dieser schwierigen Zeit ein fairer Marktplatz bleibt“, heißt es dazu beim US-Konzern, der die Einschränkungen mittlerweile auf Babynahrung und Milch, Tampons, Feuchttücher und Windeln erweitert hat. Ähnlich reagierte Amazon. Zehntausende Angebote wurden entfernt, weil die von Verkäufern aufgerufenen Preise „nicht angemessen“ gewesen seien. Damit reagierte der Konzern auch auf den Druck von Behörden. In Italien waren Büros von Amazon und eBay durchsucht worden, nachdem Privatverkäufer Desinfektionsmittel und Atemmasken für das Hundertfache der üblichen Preise verkauft hatten.

In Deutschland stehen viele überteuerte Angebote trotzdem weiter im Netz, oft neben völlig realistisch ausgepreisten gleichen Waren. Weshalb sich Käufer so erbitterte Kämpfe um bestimmte Angebote liefern, bleibt rätselhaft, selbst für die Verkäufer. (mz)