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"Dies ist ein schöner Tag" "Dies ist ein schöner Tag": So reagierte die Welt auf die deutsche Wiedervereinigung

Von Anne Geyer 03.10.2019, 05:00

Am 9. November 1989 fiel die Mauer. Was auf deutschen Straßen für Freudentänze sorgte, wurde international aber noch lange nicht so positiv gesehen.

Margaret Thatcher sah ein wiedervereintes Deutschland als große Gefahr für Europa. Sie befürchtete ein neu erstarkendes Land.

Frankreich, Britannien und Sowjetunion skeptisch gegenüber Wiedervereinigung

„Es ist klar, dass Britannien, Frankreich und die Sowjetunion gegen die Wiedervereinigung sind", sagte sie noch acht Tage vor dem Mauerfall dem britischen Botschafter in Bonn, Christopher Mallaby.

Bei einem Treffen zwischen Genscher und Gorbatschow, in dem es um die deutsche Wiedervereinigung ging, soll letzterer zum Abschied gesagt haben: „Wir müssen das alles sehr behutsam tun.“

Deutsche Wiedervereinigung erster Schritt Richtung EU

Der US-amerikanische Präsident George H. W. Bush war ein vehementer der deutschen Wiedervereinigung. Angela Merkel würdigte ihn anlässlich seines Todes Ende November 2018 als „Freund der Deutschen“.

Auch die internationale Wirtschaft bewertete die Entwicklung in Deutschland positiv. Lars Ramqvist, Chef des schwedischen Telekommunikationskonzerns Ericsson, sah in der Wiedervereinigung Deutschlands den ersten Schritt hin zur Europäischen Union:

„Die Vereinigung Deutschlands wird der erste Schritt zur Bildung eines großen, vereinigten Europas sein. Diese Vereinigung von Ost und West wird 700 Millionen Menschen umfassen, entsprechend der alten Definition von Europa vom Atlantik bis zum Ural.“

Intellektuelle mit Vorbehalten gegen Wiedervereinigung

Die intellektuelle Elite des Landes stand der Wiedervereinigung hingegen eher skeptisch gegenüber. Eine große Ausnahme war Martin Walser, der über das geteilte Deutschland nach eigenen Aussagen litt und eine Art Phantomschmerz empfand, wenn er an Sachsen und Thüringen dachte. 1990 sagte er in einem Interview mit dem „Spiegel“:

„Da war vielmehr das Bedürfnis, dass diese Teilung aufgehoben werden müsse, weil sie irrsinnig war. Ich habe damals in einer Rede gesagt: Und wenn dieses Deutschland beieinander wäre, und ich führe dann nach Leipzig oder Dresden, dann wäre es das Unwichtigste, daß Leipzig oder Dresden in Deutschland liegen.“

Und Günther Grass schrieb 1990 in sein Tagebuch: „So kann das nicht mein Land sein. Ich werde mich wohl (wörtlich) verabschieden müssen.“

Günther Grass blieb Skeptiker

Am Ende blieb Grass im wiedervereinten Deutschland. In Leipzig rechnete er 20 Jahre später auf andere Weise mit dem Mauerfall ab. Er bezeichnete die Westdeutschen als Kolonialherren, die von ihrem hohen Siegerross herunterkommen müssten.

Alles, was in der DDR geschaffen wurde, sollte auf den Müllhaufen. Das ging den Verlegern so. Das ging allen in der Kultur so, sagte Grass. Die Menschen, vor allem in den neuen Bundesländern, zahlen noch heute den Preis dafür, dass die Einheit übers Knie gebrochen wurde. (mz)