Darry in Schleswig-Holstein Darry in Schleswig-Holstein: Mutter der toten Kinder suchte jahrelang Hilfe

Darry/ddp. - Hinter der Tötung von fünf Jungen imschleswig-holsteinischen Darry stecken offenbar jahrelange schwerefamiliäre Belastungen. Doch das Ausmaß der Probleme der 31 Jahrealten Mutter erkannte bis zum tragischen Tod der Jungen am Mittwochin dem Dorf niemand. Denn die Familie lebte erst seit drei Monatendort. Obwohl die sozialen Dienste des Kreises Plön bis zuletzt «keineakute Kindeswohlgefährdung» wahrnahmen, tötete die Frau nach Ansichtdes Kieler Oberstaatsanwalts Uwe Wick am Mittwoch im «Zustandabsoluter Schuldunfähigkeit» die Kinder im Alter zwischen drei undneun Jahren.
Aufgefallen war die Familie dem Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD)des Kreises bereits Ende April 2005. Doch zunächst ging es nur umWohnungsprobleme der damals noch in Preetz bei Kiel lebenden Familie.Die Mutter und ihr Ehemann suchten zu jenem Zeitpunkt ein Haus zurMiete, da der damals dreieinhalbjährige Sohn Liam mit seinerautistischen Behinderung durch ständigen Lärm die Nachbarn störte.Die Familie wandte sich auf der Suche nach einer neuen Unterkunft mitHilfe des Kinderschutzbundes an die Öffentlichkeit.
Mutter Steffi B. suchte im Juni 2005 über das Internet zudem denAustausch mit anderen Eltern autistischer Kinder. Und bekam offenbarauch Unterstützung. Auf einer Internetseite präsentierte sie Bildervon Liam an einer Kletterwand in seinem Kinderzimmer und bedanktesich bei den Spendern für die Ausstattung des «Tobezimmers alsMittelpunkt der Wohnung».
Mitte August 2007 machten eine Nachbarin und der erste Mann derFrau den ASD über die Probleme der Mutter aufmerksam. Am 15. Augustsprach auch der derzeitige Ehemann beim ärztlichenBereitschaftsdienst des Sozialpsychiatrischen Dienstes vor undberichtete von religiösen Fantasien seiner Frau. Petra Ochel vomSozialpsychiatrischen Dienst stellte bei einem Hausbesuch wenige Tagespäter «keine akute Krisensituation» fest. Die religiösen Fantasiender Frau hätten im Gespräch angeklungen, sagt Ochel. Weil siedeutliche Hinweise auf eine psychiatrische Erkrankung sah,veranlasste sie eine Vermittlung der Frau an einen Psychiater. «Mankonnte annehmen, dass sie psychisch krank ist.»
Der tatsächliche Auslöser für die Tragödie ist bislang unklar.Spekulationen über eine schizophrene Psychose der Frau will Ochelnicht zurückweisen. Sie spricht von einem dynamischenKrankheitsverlauf.
Ob möglicherweise das Verschwinden des Ehemannes und Vaters derdrei jüngsten Kinder am Dienstag der entscheidende Auslöser für dasDrama von Darry war, konnte am Donnerstag niemand beantworten. Feststehe einzig der Tatzeitraum zwischen Dienstagabend undMittwochmittag, sagte Oberstaatsanwalt Wick.
