Flugverkehr Check-in mit Papier und Stift: Cyberangriff auf Flughäfen
Eine Firma für Check-in und Boarding an Flughäfen ist Opfer eines Cyberangriffs geworden. Das sorgt für Wartezeiten und Verspätungen an mehreren Flughäfen in Europa. Auch in Berlin.

Berlin - Check-in mit Papierlisten und Stift: Wegen des Cyberangriffs auf einen Flughafen-Dienstleister melden in Europa vier Flughäfen Probleme bei der Passagierabfertigung. Die Flughäfen Berlin, Brüssel, Dublin und London Heathrow sind von den IT-Problemen betroffen, wie die Flugsicherungs-Dachorganisation Eurocontrol auf dpa-Anfrage mitteilte. Da die Passagiere nicht wie gewohnt abgefertigt werden können, kommt es zu Verzögerungen, langen Warteschlangen und auch Annullierungen.
Ein IT-Dienstleister ist am Freitagabend angegriffen worden, wie der Flughafen Berlin mitteilte. Die Verbindungen zu den Systemen habe der Flughafen daraufhin gekappt.
„Derzeit versuchen wir, mit Papierlisten und Bleistift zum Abhaken zu arbeiten und bemühen uns um eine schnelle Behebung. Daher dauert es alles länger“, sagte ein Sprecher in Berlin. Wie lange der Ausfall noch dauern werde, sei unklar. Ausgeschlossen sei nicht, dass das auch am Sonntag noch der Fall sei. Bis zum Nachmittag sei noch kein Flug storniert worden.
Der Angriff hat Verspätungen am Berliner Flughafen BER und an weiteren europäischen Flughäfen zur Folge. Passagiere müssen nun seit dem Morgen mit längeren Wartezeiten beim Check-in und Boarding und mit Verspätungen rechnen.
Längere Wartezeiten beim Check-in
„Aufgrund einer technischen Störung bei einem europaweit eingesetzten Systemanbieter kommt es zu längeren Wartezeiten beim Check-in. Wir arbeiten an einer technischen Lösung“, teilte der Flughafen den Reisenden in einem Laufband auf seiner Internetseite mit.
Laut den Flughäfen BER und London Heathrow ist die Firma Collins Aerospace betroffen, das Unternehmen bestätigte der Deutschen Presse-Agentur „eine cyberbedingte Störung“ an einigen Flughäfen. „Wir arbeiten aktiv daran, das Problem zu beheben und die volle Funktionalität für unsere Kunden schnellstmöglich wiederherzustellen. Die Auswirkungen beschränken sich auf den elektronischen Check-in und die Gepäckabgabe und können durch manuelle Check-in-Vorgänge abgemildert werden“, schrieb Collins Aerospace.
Das US-Unternehmen ist in verschiedenen Bereichen der Luft- und Raumfahrttechnologie tätig. Neben der Herstellung von Komponenten für die Luftfahrindustrie entwickelt Collins Aerospace eigenen Angaben auf der Homepage zufolge unter anderem Systeme für militärische Anwendungen und ist in der Raumfahrttechnologie tätig.
Dauer der Einschränkung nicht absehbar
Auf der Internetseite des Flughafens BER war am Morgen zu sehen, dass viele Flüge ohne Verspätung starten konnten, bei manchen kam es aber zu kurzen und zum Teil auch längeren Verspätungen. Wie lange die Einschränkung andauere, könne er nicht sagen, sagte der Sprecher. Ein Krisenstab sei eingerichtet worden.
Zugleich wurde mitgeteilt: „Der Flughafen selbst ist nicht Ziel des Cyber-Angriffs gewesen und davon nur indirekt betroffen.“ Der Systemanbieter wird europaweit an Flughäfen eingesetzt. Neben Berlin sind noch andere europäische Flughäfen betroffen, eine Bestätigung dafür gab es vom Flughafen Brüssel in Belgien und Heathrow in Großbritannien.
Nach Angaben der BBC kam es in London-Heathrow bis in die Mittagsstunden zu mehr als 140 Flugverspätungen. In Brüssel waren es demnach mehr als 100, in Berlin 62. Der Flughafen Brüssel bat laut Eurocontrol zudem darum, die Hälfte aller bis Montagmorgen geplanten Abflüge zu streichen. Der Flughafen Dublin meldete hingegen nur kleine Auswirkungen. Von den Problemen sei aber auch der Flughafen in Cork betroffen, hieß in einem Post des Unternehmens auf X.
Einchecken Online oder am Automaten
Der Online-Check-in am BER funktioniere, wie es vom Flughafen weiter hieß. Der Flughafen empfahl auch, die Möglichkeiten in den Terminals zu nutzen und dort selbstständig an den Automaten einzuchecken und auch das Gepäck aufzugeben. Allerdings sei das für Menschen mit Rollstuhl, mit Kinderwagen oder Sperrgepäck nicht möglich. Diese müssten weiter die Schalter nutzen.
Dadurch gäbe es die längeren Schlangen und Wartezeiten. Bis zum Nachmittag sei noch kein Flug storniert worden. Die Verspätungen bei den Flügen könnten sich aber im Laufe des Tages weiter aufbauen, so dass es bei den letzten Flügen am Abend Ausfälle geben könnte.
Weitere große deutsche Flughäfen wohl nicht betroffen
Die Flughäfen Frankfurt, München, Düsseldorf und Hamburg berichteten am Morgen, nicht betroffen zu sein. „Der Flughafen Frankfurt ist vom Cyberangriff nicht betroffen“, sagte eine Sprecherin. Die IT prüfe aber die Systeme und Lage ganz genau. Es könne aufgrund der Probleme an anderen Flughäfen aber auch in Frankfurt zu Auswirkungen kommen, etwa Verspätungen. Passagiere werden gebeten, sich zu informieren.
Auch in Hannover, Dresden, Leipzig/Halle, Nürnberg, Bremen und Köln hieß es, der Betrieb laufe normal. Der Flughafen in Münster hingegen sei am Freitagabend gegen 22.00 Uhr betroffen gewesen, sagte eine Sprecherin. Allerdings habe man innerhalb von 30 Minuten auf die eigene IT umstellen können. Auswirkungen für Fluggäste habe es nicht gegeben. Zuvor hatte der WDR darüber berichtet.
Erhebliche Auswirkungen möglich
Der Flughafen Brüssel teilte mit, es sei mit erheblichen Auswirkungen auf den Flugbetrieb zu rechnen - es seien bislang 14 Flüge gestrichen worden und abfliegende Flüge hätten eine durchschnittliche Verspätung von einer Stunde. Die Schlangen an den Check-in-Schaltern seien länger als üblich.
Derzeit sei aufgrund der Attacke nur manuelles Einchecken und Boarding möglich, heiß es weiter. Der Dienstleister versuche so schnell wie möglich, das Problem zu beheben. Passagiere sollten ihren Flugstatus bei der Airline checken, bevor sie anreisten, und ausreichend Zeit am Flughafen einplanen.
Der Flughafen London Heathrow erklärte, es könne zu Verspätungen kommen, sprach aber von technischen Problemen, die zu Verspätungen für abfliegende Passagiere führen können.
Auch am Flughafen der irischen Hauptstadt Dublin gab es am Samstag einen Zwischenfall: Eines der beiden Terminals des Flughafens wurde am Morgen aus Sicherheitsgründen evakuiert, wie der Betreiber auf X mitteilte. Einzelheiten dazu blieben zunächst unklar. Unabhängig davon führe das europaweite Softwareproblem nur zu geringfügigen Auswirkungen in Dublin, hieß es.
Ob weiteren Flughäfen betroffen sind, ist unklar. Bislang meldeten andere europäische Flughäfen keine Probleme.