Bulgarien Bulgarien: Dezember 2001: Jugendliche werden vor Disco totgetrampelt

Sofia/dpa. - Nach einem tödlichen Unglück junger Disco-Besucherin Sofia hat Bulgarien der sieben Opfer am Sonntag mit einemnationalen Trauertag gedacht. Bei dem bisher größten Zwischenfalldieser Art in der Geschichte des Landes waren am Freitagabend 6Mädchen und 1 Junge im Alter von 11 bis 15 Jahren im Gedränge auf dervereisten Treppe der Disco «Indigo» niedergetrampelt worden understickt. Mehrere Jugendliche wurden verletzt und lagen am Sonntagnoch im Krankenhaus.
Erste Kontrollen der Behörden ergaben nach Medienberichten vomSonntag, dass der Unglücks-Club weder eine baurechtliche noch eineBetriebsgenehmigung für Tanzlokale hatte. Der Mieter der Discothekwar nach der Tragödie festgenommen worden. Er saß am Sonntag noch imGefängnis. Die Behörden begannen damit, nun alle Discotheken zuüberprüfen, ob sie den bautechnischen Normen undBrandschutzbestimmungen entsprechen. Die Opfer wollten wie rund 1500andere Schüler zu einem Rap-Konzert in die beliebte Discothek gehen.
Das Parlament eröffnete seine Sitzung am Samstag mit einerSchweigeminute. Ex-König und Ministerpräsident SimeonSakskoburggotski erklärte den Sonntag zum nationalen Trauertag.Flaggen wurden auf halbmast gesetzt. Nach einer entsprechendenAufforderung der Regierung hatten viele Bürger in der Nacht zumSonntag Kerzen in ihre Fenster gestellt, um ihre Trauer zu bekunden.In der Hauptstadt Sofia wurden für Sonntag alle Weihnachtsfeiern derBehörden und die Sportveranstaltungen abgesagt.
Innenminister Georgi Petkanow sagte am Samstag im Parlament, diebulgarische Gesetzgebung enthalte keine genauen Vorschriften fürVergnügungslokale. Auch das Mindestalter von Jugendlichen, die eineDiscothek besuchen dürfen, sei nicht festgelegt.
Die Tragödie nur drei Tage vor Weihnachten löste auch eine Debatteüber die Verantwortung der Kirche, der Schulen und der Eltern füreine sinnvolle Freizeitgestaltung der Jugendlichen aus. Vertreter derbulgarischen christlich-orthodoxen Kirche, Lehrer, Ärzte undIntellektuelle waren empört, dass Rap-Musik so viele Teenageranlocke, während die Kirche praktisch keinen Einfluss mehr auf diejunge Generation habe.