Brieskow-Finkenheerd in Brandenburg Brieskow-Finkenheerd in Brandenburg: 15 Jahre für Mutter der toten Babys

Frankfurt (Oder)/dpa. - Die Mutter der neun toten Babys von Brieskow-Finkenheerd (Oder-Spree) ist auch in einem zweiten Prozess zu 15 Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt worden. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine verminderte Schuldfähigkeit der 13-fachenMutter, urteilte das Landgericht Frankfurt (Oder) am Montag. DieRichter folgten damit dem Antrag von Staatsanwältin Anette Bargenda.Diese hatte in ihrem Plädoyer festgestellt: «Die Angeklagte sah esals selbstverständlich an, ihre Kinder zu töten.» In dem zweitenProzess ging es nur um die Höhe des Strafmaßes. Die Frau ist bereitsrechtskräftig wegen achtfachen Totschlags verurteilt, weil sie ihreNeugeborenen unversorgt sterben ließ. Ein Fall ist verjährt.
Die gelernte Zahnarzthelferin nahm am Montag das Urteil äußerlichungerührt auf, wie ihr Anwalt Matthias Schöneburg hatte sie aber aufeine mildere Strafe gehofft. Der Verteidiger hatte «weniger als zehnJahre» Haft gefordert, da aus seiner Sicht eine verminderteSchuldfähigkeit seiner damals alkoholkranken Mandantin zumindest beisieben Taten nicht auszuschließen sei. Ob er wieder in Revision geht,war zunächst unklar. Staatsanwältin Bargenda hatte in ihrem Plädoyervon «serienhaftem» Handeln der Frau gesprochen. «Die Angeklagte hatkeinem der Kinder eine reale Chance zum Überleben gelassen.»
Die Frau habe zielgerichtet gehandelt, von einer psychischenAusnahmesituation könne keine Rede sein, meinte Bargenda. Der Fallgilt in der deutschen Kriminalgeschichte als beispiellos. DieAngeklagte hatte dem ersten Urteil zufolge ihre zwischen 1992 und1998 lebend geborenen Kinder nicht versorgt, so dass sie starben.Anschließend verscharrte sie die Leichen unter anderem inBlumenkübeln. Nach Überzeugung der Richter war ihr Motiv die Angst umihre Ehe.
Zum zweiten Prozess kam es, weil aus Sicht des Bundesgerichtshofsdie Schuldfähigkeit der Frau genauer beleuchtet werden musste. ZweiGutachter erklärten die Angeklagte jedoch in dem zweiten Verfahrenfür voll schuldfähig. Dieser Ansicht folgten nun die Richter.
Wie im ersten Verfahren blieb die Rolle des Kindesvaters, einesfrüheren Stasi-Mitarbeiters, im Dunkeln. Die Angeklagte hatteerstmals vor Gericht ausgesagt, sie könne nicht ausschließen, dassihr Ex-Mann etwas von den Schwangerschaften gewusst haben könnte. DieStaatsanwaltschaft nahm daraufhin erneut Ermittlungen gegen den Mannauf. Anhaltspunkte für eine Tatbeteiligung hätten sich bis jetzt abernicht ergeben, sagte Bargenda.
Zweimal hatte Verteidiger Schöneburg beantragt, den neuen Prozessauszusetzen, um die Ermittlungen gegen den Ex-Mann seiner Mandantinabzuwarten. Die Kammer lehnte jedoch beide Anträge ab. Für Schöneburgist es unerklärlich, warum der Mann noch als freier Mann herumlaufe.«Er hat nichts unternommen und sagte, er hat nichts mitbekommen,obwohl ihm das kein vernünftiger Mensch glaubt.» Es könne nur einrichtiges Urteil geben, wenn die Rolle des Mannes aufgeklärt sei,bekräftigte der Anwalt.
Die Staatsanwältin sah dagegen in ihrem Plädoyer keineAnhaltspunkte, dass der Vater bei der Beseitigung der Kinder aktivgewesen sein könnte. Zu einer Mittäterschaft des Mannes würde mehrgehören als allein das Wissen um eine Schwangerschaft.