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Brandenburg Brandenburg: Zugtiere für den Weihnachtsmann

Von Burkhard Fraune 13.12.2007, 15:35
Ein Mitarbeiter der Rentierfarm Thomas Golz in Kleptow nahe Prenzlau trainiert mit einem Rentier, das einen Wagen zieht. (Foto: dpa)
Ein Mitarbeiter der Rentierfarm Thomas Golz in Kleptow nahe Prenzlau trainiert mit einem Rentier, das einen Wagen zieht. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Kleptow/dpa. - Die Hirschart vom Polarkreisliebt die Kälte und wenn Thomas Golz dann auch noch wattig-weiche«Rentierflechte» aus Schweden mitbringt, fühlen sich seine «Renies»auch in der Uckermark richtig heimisch. Golz ist einer der wenigenZüchter in Deutschland. Ein gutes Dutzend der Tundrenbewohner äst imreifgrauen Gras seines Geheges in Kleptow, einem 200-Seelen-Dorf beiPrenzlau. Der 41-Jährige lebt von einem ungebrochenen Trend: Fürimmer mehr Deutsche fährt der Weihnachtsmann einen Rentierschlitten.

Der Hof in Kleptow mutet an wie ein multikulturelles Wohnprojektfür Tiere. Mit strengem Blick wacht ein Steinadler über das 20-Hektar-Anwesen, ein grauer Papagei krächzt «Hallo», Falken blickenBesuchern aufmerksam hinterher, Fasane kratzen im Dreck. Mehr als 150Hirsche und Rehe weiden in Sichtweite, Nandus aus Südamerika staksenim Matsch. Bekannt ist Golz jedoch für seine Rentiere.

Denn die einzige Hirschart, die Haustier wurde, erfreut sichwachsender Beliebtheit: als Zugtier für romantische Schlittenfahrtenvor Hotels von Kitzbühel bis Grenoble. Neben Zoos und Tierparks sindvor allem die europäischen Wintersportregionen Abnehmer. «Renies sindrelativ genügsam und ruhig», erklärt Golz. «Rot- und Damwild kriegensie nicht zahm.» Vier von zehn Rentieren ließen sich gut trainieren.

Leuchtende Rentiere in Vorgärten, Rodeo auf Weihnachtsmärkten,Rentiere auf Christbaumkugeln - dass der Tundrenbewohner auch fürviele Deutsche beim Fest einfach dazu gehört, hat mehrere Gründe -die oft genannte Werbung von Coca-Cola zähle aber nicht dazu, istChristel Köhle-Hezinger überzeugt. Die Professorin der Uni Jenaerforscht weihnachtliches Brauchtum. «Die Werbeleute von Coca-Colahaben sich auf einen Schlitten gesetzt, der längst fuhr.»

In England und den USA war «Rudolph, the red-nosed reindeer» jedemaus dem Kinderlied bekannt. Auch in deutschen Bilderbüchern tauchtedas Ren vom Ende des 19. Jahrhunderts an auf. «Man verortete denWeihnachtsmann irgendwo hoch im Norden, am Nordpol, und dort gibt esnun mal keine Hirsche, sondern Rentiere», erklärt Köhle-Hezinger. EinStück «kulturelle Anpassung» an den angelsächsischen Raum spiele abernatürlich auch eine Rolle.

Golz hat dieser Trend seinen Markt bereitet: Gemeinsam mit einemschwedischen Freund hat der kräftige Uckermärker vor zehn Jahren dasGeschäft begonnen. Der Same hält bei Överkalix am Polarkreis 1500Rentiere in einem Großgehege. Golz trainiert sie nach und nach inBrandenburg, verkauft sie dann an Kunden in ganz Europa.

1000 Quadratmeter Wiese sollten diese dem Tier neben gutem Futteraber mindestens bieten können, meint Steffen Seckler, Sprecher desDeutschen Tierschutzbundes in Bonn. Der Verband sehe die privateHaltung hierzulande aber kritisch, denn die Tiere seien sehrempfindlich. «Rentiere haben in Deutschland eine hohe Sterblichkeit,besonders dann, wenn sie aus Skandinavien importiert werden.»

Golz wählt deshalb seine Kunden genau aus. «Viele sagen: EinRentier ist etwas Feines, das stellen wir uns in den Garten. Diewollen Rudolph für die Kinder.» An solche Leute verkaufe er nicht. Ab700 Euro ist ein Kalb zu haben, trainierte Tiere beginnen bei 3000Euro. «Rund 100 Tiere gehen im Jahr raus», berichtet Golz. 10 bis 15werden geschlachtet und zu Wurst verarbeitet. Da bleibt wenig Zeitfür Romantik: Nur ein einziges Tier auf der Kleptower Weide hat einenNamen. Das schneeweiße Ren hat Golz «Blackie» getauft, weil es einschwarzes Ohr hat.