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Brandenburg Brandenburg: Deutschlands erste Funkstation wird 100 Jahre alt

Von Imke Hendrich 14.08.2006, 07:27

Nauen/dpa. - «Bereits 1908/1909konnten Nachrichten per "Morsezeichen" über Entfernungen von bis zu6000 Kilometern übermittelt werden», sagt der einstige Leiter derStation, Klaus Krämer. Schnell wurden Reichweiten von über 20 000Kilometern und somit Mitteilungen etwa in die deutschen Kolonienmöglich. «In Nauen war so zu sagen der Urknall für das Zeitalter derdrahtlosen Telegrafie von Kontinent zu Kontinent», betont Krämer.

Nauen sendete und empfing Telegramme und sei bald dieleistungsstärkste Station Europas gewesen. In beiden Weltkriegenwurde die U-Boot-Flotte über den Sender geleitet und von 1917 bis1991 kam von hier das berühmte Nauener Zeitzeichen, an dem sich dieSchiffe rund um den Globus orientierten und Uhren weltweit gestelltwurden. Mit Beginn der ersten Rundfunksendungen gab es kaum einenHörer, der das Zeichen nicht kannte, auf das die sonore Stimmefolgte: «Mit dem letzten Ton des Nauener Zeitzeichens war esgenau...»

Die Geschichte der Telegrafie in Deutschland begann 1903 mit derGründung der Gesellschaft für drahtlose Telegrafie «Telefunken» vonAEG und Siemens. Nachdem sich Funkversuche in Berlin wegen derBebauung als kompliziert erwiesen, machten sich Telefunken-Technikerauf die Suche nach einem geeigneten Areal nahe Berlin. «Es musste guterreichbar, billig und erweiterbar sein - und das war das Gebiet inNauen», sagt Krämer.

Zunächst wurden für die Versuchsstation ein 100 Meter hoherSendemast und ein kleines Fachwerkhaus errichtet, in dem der ersteso genannte Knallfunken-Sender und die Empfangstechnik untergebrachtwaren. 1906 erfolgte die Eröffnung durch Hans Bredow, späterReichsrundfunk-Kommissar. Bald startete der reguläre Betrieb. 1912errichtete Telefunken eine neue Antennenanlage mit bis zu 260 Meterhohen Masten. «Damals waren es fast die höchste Bauwerke der Welt»,so Krämer. Die deutschlandweit erstmalig mögliche Kommunikation mitder Fremde «dauerte oft jedoch stundenlang». Denn die Informationen,die der Funker etwa im damaligen Deutsch-Südwestafrika (heuteNamibia) aufschrieb, musste ein Bote per Brief an den Empfängerweiterleiten.

Von diesen neuen technischen Möglichkeiten waren jedoch längstnicht alle begeistert: Die Bauern in der Region bekamen plötzlichAngst vor dem Riesenturm, den laut knatternden Knallfunken der erstenSender und den unsichtbaren Funkwellen. In zahlreichen Briefenbeklagten sie sich, dass die Wellen ihrem Feld und ihrem Viehschadeten. «Wenn ein Huhn Kalkbeine bekam oder eine Kuh verkalbte -die Wellen waren schuld», weiß das Radiomuseum Rottenburg (Bayern) zuberichten. Viel Schnaps und Zureden waren vonnöten, um die Gemüter zuberuhigen.

Die Großfunkstelle Nauen strahlte die weltweit empfangbarenSendungen zu bestimmten Zeiten in einem international bekanntenCode-Schlüssel aus - und das bis 1991. Ein Bombentreffer 1945 hattezwischenzeitlich die Geschichte der Funkstation beendet.

1958 begann nach Auskunft von Krämer die Abstrahlung desKurzwellen-Auslandsrundfunkdienstes Radio Berlin International (RBI)für die DDR. Mit der Wiederveinigung am 3. Oktober 1990 verstummteRBI und seither nutzt die Deutsche Welle die Nauener Sender. ZumJubiläum der Funkstation gibt es laut Krämer am Freitag eineFestveranstaltung, am Wochenende ein Stadtfest. «Schließlich wurdevor 100 Jahren hier bei uns ein Meilenstein der Technik-Geschichtegelegt.»