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Diplomaten-Nummer Boris Becker: Diplomaten-Nummer führt nicht zum Erfolg

Von Stefan Sauer 19.06.2018, 13:01
Boris Becker war ein erfolgreicher Tennisspieler.
Boris Becker war ein erfolgreicher Tennisspieler. AFP

Berlin - Eigentlich sollte der 21. Juni 2018 ein guter Tag für Boris Becker werden. Genau ein Jahr zuvor hatte Richterin Christine Darret vom High Court of Justice im Londoner Stadtteil Wimbledon das deutsche Tennisidol für zahlungsunfähig erklärt und damit ein Insolvenzverfahren in Gang gesetzt. Die britische Privatbank Arbuthnot Latham hatte offene Forderungen in Höhe von 3,5 Millionen Euro gegen Becker geltend gemacht. Nach britischem Recht dauert die Insolvenzphase in der Regel nur ein Jahr an, bevor sie mit einer Restschuldbefreiung endet.

Für Becker würde das bedeuten: Am Donnerstag, dem 21. Juni 2018, erledigen sich alle noch offenen Forderungen, auch im EU-Ausland. Er wäre schuldenfrei und könnte wieder auf eigene Rechnung Geld verdienen, ohne dass der Insolvenzverwalter das Einkommen pfändet. „Für ihn ist die Restschuldbefreiung optimal“, sagt Kai Henning, Experte für Verbraucherinsolvenzen im Deutschen Anwaltverein (DAV).

Internationale Diplomatie als Ausweg

Ungeachtet dieser an sich erfreulichen Aussichten hat Becker in jüngerer Vergangenheit einiges unternommen, um dem Insolvenzverfahren auf andere Weise ein Ende zu setzen. Mit Hilfe internationaler Diplomatie, gewissermaßen.

Am 26. April war Becker in der Brüsseler Botschaft der Zentralafrikanischen Republik von Präsident Faustin Archange Touadéra zum Sonderattaché des Landes für Sport-und Kulturangelegenheiten in der EU ernannt worden. Die öffentliche Erregung über Beckers eigentümliches Engagement für das von Bürgerkrieg, staatlicher Willkür und bitterer Armut zerrütteten Landes hielt sich seinerzeit in Grenzen. Der Boris halt, Schulterzucken.

Das änderte sich schlagartig, als Becker vor wenigen Tagen seinen Status als Attaché in Feld führte, um diplomatische Immunität zu beanspruchen und sich so dem Insolvenzverfahren zu entziehen. Eine „Bande anonymer unverantwortlicher Banker und Bürokraten“ habe ihn „in eine völlig unnötige Insolvenz getrieben“, teilte Becker mit. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei „gleichermaßen ungerechtfertigt wie unrechtmäßig“ gewesen. Er habe daher diplomatische Immunität geltend gemacht, „um diese Farce zu einem Ende zu bringen, damit ich anfangen kann, mein Leben wieder aufzubauen“.

Zentralafrikanischen Regierung wird deutliche

Dem Verdacht, Becker habe den ehrenamtlichen Attaché-Posten nicht allein aus humanitären Motiven, sondern um des Diplomaten-Status‘ willen übernommen, trat sein deutscher Rechtsbeistand entschieden entgegen. Becker habe das Amt nicht angestrebt, „um auf diese Weise das Insolvenzthema zu lösen“, sagte Anwalt Oliver Moser dem Sportinformationsdienst.

Auf diese Weise wird das tatsächlich nichts, selbst wenn Becker wollte. Offenkundig war die Diplomaten-Nummer so nicht mit der zentralafrikanischen Regierung abgesprochen. Am Montag machte Außenminister Charles-Armel Doubane jedenfalls deutlich, dass Becker kein offizieller Diplomat seines Landes sei und fürderhin auch nicht dazu ernannt werde.

Zentralafrikanischen Schutzschirm kann Becker also vergessen

Die Zentralafrikanische Republik wünsche nicht, „dass Boris Beckers inoffizielle Position für unser Land mit seinen finanziellen Problemen assoziiert wird“, sagte Doubane der Nachrichtenagentur AFP. Man werde jedwede Verfahren gegen Becker „in keiner Weise behindern“. Denn zentralafrikanischen Schutzschirm kann Becker also vergessen.

Bleibt die Frage, warum der dreifache Wimbledon-Sieger den ganzen Zinnober veranstaltet hat, wo ihm doch in wenigen Tagen die Befreiung von Restschulden winkt? „Wir können nicht nachvollziehen, warum Herr Becker die Möglichkeit des Insolvenzverfahrens und der Restschuldbefreiung nicht nutzt“, sagt DAV-Fachmann Henning.

Zumal britische Insolvenzverfahren im Vergleich zu den deutschen für überschuldete Privatpersonen sehr günstig seien: Während die jährlich etwa 100.000 Verbraucherinsolvenzen in Deutschland bis zur Restschuldbefreiung in der Regel sechs Jahre liefen, sei auf der Insel nach nur einem Jahr Schluss.

Beckers Vermögenswerte weiterhin ungeklärt

Meisten jedenfalls. In Ausnahmefällen aber kann der High Court das Insolvenzverfahren verlängern. Voraussetzung: Der Insolvenzverwalter macht glaubhaft, dass die überschuldete Person nicht in angemessenem Umfang an der Suche nach Vermögenswerten mitgewirkt hat, mit denen Gläubigerforderungen bedient werden könnten. Eben einen solchen Antrag hat Beckers Insolvenzverwalter beim High Court zu Wimbledon gestellt, da der Verbleib einiger Vermögenswerte Beckers weiterhin ungeklärt sei. Am Dienstag hat der High Court Beckers Insolvenzverfahren bis zum 5. Oktober verlängert.

Online-Auktion von Beckers Habseligkeiten

Andere Habseligkeiten des einstigen Tennisstars werden bis Ende Juni vom englischen Online-Auktionator Wyles Hardy & Co versteigert. Aufgerufen sind unter anderem eine Armbanduhr IWC Schaffhausen Model 3227, ein Puma-Tennisschläger, signierte Turnschuhe sowie Sportshirts und Shorts der Marke Lotto. Die Gebote liegen zwischen 500 und 3400 Pfund.

Selbst für einen Apfelwein-Bembel, der ausweißlich einer Inschrift dem Halbfinale im Daviscup 1985 gewidmet ist, wurden am Mittwoch 2000 Pfund geboten. Die Versteigerung läuft noch bis zum 28. Juni. Dass dabei genug zusammen kommt, um High Court und Insolvenzverwalter zufrieden zu stellen, darf bezweifelt werden. Vermutlich wird der 21. Juni 2018 doch kein guter Tag für Boris Becker.