250 Kilogramm Sprengstoff Bonns "Rockefeller-Center" wurde am Sonntag gesprengt

Bonn - Der große Mercedes-Stern auf dem Dach des Bonn-Centers leuchtet und dreht sich schon lange nicht mehr. Aus beinahe jedem Winkel der Bundesstadt konnte man das bekannte Markenzeichen des Autobauers entdecken. Der Stern war in den vergangenen Jahrzehnten nur eines der vielen Markenzeichen des als „Rockefeller-Center“ von Bonn bekannt gewordenen Hochhauses.
Vor 48 Jahren wurde das Haus gebaut, um Weltstadt-Flair in die noch junge Bundeshauptstadt zu bringen. Gebaut wurde es „für die nächsten 100 Jahre“, wie es damals bei der feierlichen Eröffnung hieß – immerhin: Es hat fast 50 Jahre überlebt. Nun muss es einem Neubau weichen – der ebenfalls in seiner Art und Weise das internationale Bonn repräsentieren soll. Um 11 Uhr soll das Gebäude am kommenden Sonntag kontrolliert gesprengt werden.
Bonns „Rockefeller-Center“ wird am Sonntag um 11 Uhr gesprengt - 250 Kilogramm Sprengstoff sind nötig
Die Lage des Hochhauses ist sehr zentral und prominent: Das ehemalige Regierungsviertel ist nur einen Steinwurf entfernt: Das Bundeskanzleramt liegt gleich gegenüber und in direkter Nachbarschaft befindet sich der „Lange Eugen“, das ehemalige Abgeordneten-Hochhaus. Heute residieren dort die Vereinten Nationen.
Gebaut wurde das Hochhaus innerhalb von nur 18 Monaten – in den Jahren 1968 und 1969. Zunächst zog dort ein Steigenberger Hotel ein. Mehr als 320 Betten hatte das Hotel – diese waren vor allem für Politiker und Staatsgäste reserviert. Sogar einen Kräutergarten gab es, der extra für die illustren Gäste angelegt wurde. Der Gebäudekomplex beherbergte außerdem ein Casino, mehrere Restaurants und Bars, Galerien, ein Theater, einen Supermarkt und eine Sauna.
Das Casino, das sich in den Kellerräumen des Centers befunden hatte, brannte vor 27 Jahren aus. Statt es zu renovieren und wieder herzustellen, schloss man einfach die Türen ab und das mehr als 330 Quadratmeter große Areal wurde vergessen. Bis es Rainer Pause, Intendant des bundesweit bekannten „Pantheon“-Theaters wiederentdeckte und dort vor einigen Jahren das „Pantheon-Casino“ etablierte. 1987 zog Pause mit seinem Theater in einen Teil des Bonn-Centers ein.
1988 – kurz vor der deutschen Wiedervereinigung - wurde das Steigenberger Hotel geschlossen. Unter den Nachmietern waren unter anderem der Fernsehsender n-tv und die PDS-Fraktion des Bundestags. Zuletzt beherbergte das „weiße Hochhaus“ neben dem „Pantheon“-Theater, eine Bowling-Bar, ein Fitness-Studio sowie mehrere Büros. Viele Büros standen allerdings leer.
2014 erwarb die Kölner Immobilienfirma Art-Invest Real Estate den Gebäudekomplex. Eine Sanierung des in die Jahre gekommenen Hochhauses hätte sich nicht mehr gelohnt, daher nun der Neubau eines Wohn- und Geschäftshochhauses. Für die Sprengung hat sich die Kölner Immobilienfirma entschieden, weil diese kostengünstiger und schneller vonstattengehe, als ein normaler Abriss.
Nach Sprengung des Bonn-Centers: Es wird Monate dauern, bis der Schutt vollständig beseitigt ist
250 Kilogramm Sprengstoff sind nötig, um das Bonner Hochhaus zum Einfallen zu bringen. Dafür hat eine bayerische Abbruchfirma 1.500 Löcher gebohrt, in die der Sprengstoff gepackt wird. Zunächst soll das Erdgeschoss und dann das Obergeschoss gesprengt werden, danach folgt das Treppenhaus. Wenn alles klappt, soll das Gebäude dann vertikal in sich zusammenfallen und in einer vorbereiteten Fallgrube landen. Der Investor aus der Domstadt rechnet damit, dass es rund vier Monate dauern wird, bis der Schutt von der Baustelle vollständig abtransportiert ist. Das Gebäude ist seit mehreren Wochen schon komplett entkernt und wartet nur noch auf den großen Knall.
Auch wenn das Hochhaus nicht gerade ein architektonisches Meisterwerk ist, haben die Bonner es ins Herz geschlossen. Viele wollen die Sprengung verfolgen und fiebern dem kommenden Sonntag entgegen. Einige treffen sich außerhalb des Sicherheitsradius von 200 Metern in Büros oder feiern Abriss-Partys auf einem benachbarten Parkhaus. Andere haben sich in einem benachbarten Hotel einquartiert – selbstverständlich mit einem Zimmerblick auf das Bonn-Center. Sogar die Bundeskunsthalle der Bundesrepublik Deutschland hat 200 exklusive Tickets für ihre Dachterrasse verkauft. (mz)
