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Nahost-Konflikt Berliner Polizei geht weiter gegen Pro-Palästina-Parole vor

Gerichte entscheiden unterschiedlich: Mal gibt es eine Strafe für das Verwenden einer umstrittenen propalästinensischen Parole, mal einen Freispruch. Demonstranten werden trotzdem weiter verfolgt.

Von dpa 07.08.2025, 05:15
Propalästinensische Demonstranten haben sich in Berlin versammelt. (Archivbild)
Propalästinensische Demonstranten haben sich in Berlin versammelt. (Archivbild) Soeren Stache/dpa

Berlin - Die Berliner Polizei wird trotz unterschiedlicher rechtlicher Bewertung weiterhin einschreiten, wenn Menschen die umstrittene propalästinensische Parole „From the river to the sea, palestine will be free“ skandieren. Mit dem Satz ist gemeint, es solle ein freies Palästina geben auf einem Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer – dort, wo sich jetzt Israel befindet.

Da die Staatsanwaltschaft von der Strafbarkeit des Slogans ausgehe, müsse die Polizei die Personalien aufnehmen, damit später eine rechtliche Bewertung der Situation überhaupt möglich sei, erklärte Behördensprecherin Anja Dierschke. „Beim Vorliegen eines Anfangsverdachts einer Straftat sind wir verpflichtet, diese zu verfolgen und deren Fortsetzung zu verhindern.“ 

Mehr als 260 Demos in drei Monaten

Angesichts unterschiedlicher Urteile Berliner Gerichte zur Strafbarkeit der Parole, die das Existenzrecht Israels infrage stellt, herrscht bei der Polizei Unsicherheit. Mit Blick auf die Vielzahl von Demonstrationen in der Hauptstadt im Kontext des Nahost-Konflikts sei für die Einsatzkräfte aber Handlungssicherheit wichtig, so Dierschke. 

Die Staatsanwaltschaft sei darum um eine Bewertung der aktuellen Rechtslage gebeten worden: Diese sieht weiterhin einen Anfangsverdacht für die Strafbarkeit der Parole. „Eine Klarstellung der Strafbarkeit durch ein Obergericht wäre für uns alle immens wichtig“, so Polizeisprecherin Dierschke.

In Berlin finden seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem anschließenden Gaza-Krieg regelmäßig Demos statt. Allein in den vergangenen drei Monaten (1. Mai bis 31. Juli) gab es laut Polizei mehr als 260 angekündigte Versammlungen, hinzu kommen spontane Proteste. Rund zweidrittel der Versammlungen sind demnach propalästinensisch. 

Unterschiedliche Urteile 

Das Bundesinnenministerium hatte die Parole als Kennzeichen der verbotenen islamistischen Palästinenserorganisation Hamas eingeordnet. Gerichte bewerten die Strafbarkeit der Parole bislang unterschiedlich.

In Berlin hatte zuletzt das Amtsgericht Tiergarten eine Aktivistin freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hat dagegen Rechtsmittel eingelegt. Im November 2024 hatte hingegen das Landgericht Berlin in einem anderen Fall eine Frau für die Verbreitung der Parole wegen Verwendens von Kennzeichen terroristischer Organisationen schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig. 

Staatsanwaltschaften in anderen Bundesländern ordnen die Parole ebenfalls entsprechend ein und verfolgen sie strafrechtlich, darunter Bayern, das Saarland sowie Sachsen und Thüringen. Auch Niedersachsen geht von einer Strafbarkeit der Parole aus, wenn ein erkennbarer Bezug zur Hamas oder zum verbotenen palästinensischen Netzwerk Samidoun besteht. 

Uneinheitliches Vorgehen bei Demos

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stufte den Slogan als Terror-Kennzeichen ein und bestätigte im August 2024 dessen Verbot bei einer Demonstration. Eine vergleichbare Entscheidung traf das Verwaltungsgericht Düsseldorf im September 2024 im Zusammenhang mit zwei propalästinensischen Demos in Duisburg und Düsseldorf. 

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschied hingegen im März 2024 die Äußerung der Parole während einer Kundgebung in Frankfurt dürfte nicht von der Stadt untersagt werden.