Berlin Berlin: Gericht macht Resten der FDJ den Prozess
Berlin/MZ - Jaja, er lebt noch, der Jugendfreund im Blauhemd, der seinen letzten großen Auftritt am letzten DDR-Geburtstag vor 24 Jahren hatte. Unbemerkt hat sich die aufgelöst geglaubte DDR-Jugendorganisation FDJ wieder aufgerappelt. Mit nur noch 150 statt 2,3 Millionen kampfbereiten Mitgliedern streitet die Freie Deutsche Jugend für die Abschaffung des Kapitalismus und die Errichtung eines richtig schönen Sozialismus. Der Erfolg ist überschaubar, auch die Gefahr für die demokratische Grundordnung schien bisher beherrschbar.
Doch nun ist einem Amtsrichter in Berlin aufgefallen, dass die 1938 in Paris gegründete FDJ in Westdeutschland schon 1951 als verfassungswidrig verboten wurde. Nun war die West-FDJ zwar nie ein Teil der Ost-FDJ. Doch beide benutzten dieselbe aufgehende Sonne als Signet. Und genau diese Sonne trugen zwei mit 28 und 38 Jahren schon etwas reifere Jugendfreunde bei einer Protestaktion im letzten Jahr. Nach Paragraf 86a StGB eine Straftat, wenn die Bluse nicht in satirischer Absicht angezogen wird. Bis zu drei Jahren Haft drohen bei einer Verurteilung, zu der es im ersten Anlauf allerdings nicht kam: Die Angeklagten waren zünftig im Blauhemd erschienen, Justizbeamte hinderten sie deshalb am Betreten des Gerichts und der Richter ließ die Hemden vorsichtshalber beschlagnahmen.
Die mutmaßlichen Täter stellten daraufhin einen Befangenheitsantrag, so dass nun ein langer Prozess droht. Dabei wäre ein salomonisches Urteil doch so schnell möglich: Verboten bleibt das Standard-Blusenmodell aus Baumwolle, erlaubt wird die seinerzeit bei der DDR-Jugend so gefürchtete Nylon-Ausführung mit Sauna-Garantie. Wer die dann noch freiwillig anzieht, hat sich selbst schon genug gestraft.