Neonazis und Islamisten Verfassungsschutz: Extremisten erfolgreich bei Jugendlichen
Der Krieg in Gaza stärkt radikale Islamisten, die erfolgreich bei Jugendlichen sind. Junge Neonazis vernetzen sich im Internet. Der Verfassungsschutz sieht wachsende Gefahren.

Berlin - Extremistische Bewegungen ziehen nach Einschätzung des Berliner Verfassungsschutzes immer stärker sehr junge Menschen an. Das gelte besonders für Islamismus und Rechtsextremismus, die über Internetkampagnen und soziale Medien bei jüngere Menschen erfolgreiche seien, sagte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) bei der Vorstellung des Jahresberichts des Verfassungsschutzes für 2024.
Im Islamismus würden gezielt durch die Aufmachung entsprechender Videoclips in Portalen wie Tiktok Jugendliche und sogar auch Kinder herangeführt, sagte Spranger. Im Internet seien Islamisten traditionell stark, es gebe schon länger den Begriff der „Tiktokisierung“, ergänzte Verfassungsschutz-Chef Michael Fischer.
Auch der Rechtsextremismus sei sehr erfolgreich bei jungen Menschen. Es gebe deutlich mehr Aktivitäten rechtsradikaler Gruppen, „neurechtes Gedankengut“ zu verbreiten. In der Tendenz sei Rechtsextremismus inzwischen viel anschlussfähiger und auch unter jüngeren Menschen akzeptabler als früher, so Fischer.
Thema Migration verschafft Rechtsextremismus Zulauf
Das Thema Migration verschaffe dem Rechtsextremismus Zulauf, auch durch angeblich einfache Lösungen, die angeboten würden. Die linksautonome Szene, früher beliebt bei jungen Menschen, habe hingegen seit Jahren Schwierigkeiten mit der Rekrutierung.
Mit Blick auf den Jahresbericht sagte Spranger, die Gefährdungs- und Bedrohungspotenziale hätten in nahezu allen Bereichen zugenommen. Die Demokratie werde verunglimpft und diffamiert, Politiker würden attackiert. Es gebe eine massive Stimmungsmache mit Fake-News und Kampagnen von inländischen Verfassungsfeinden und ausländischen Extremisten.
Fischer sagte, er sei inzwischen 24 Jahre beim Verfassungsschutz, „aber so ein Bedrohungsszenario, das war selten“. Rechtsextremisten, Linksextremisten und Islamisten agierten „zunehmend provokativ, aggressiv und auch gewalttätig“.
Berliner Israel-Boykottbewegung BDS verfassungsfeindlich
Die BDS-Boykottbewegung gegen Israel wurde auf der Berliner Landesebene als verfassungsfeindlich eingestuft. Der Berliner Ableger von BDS (Boycott, Divestment and Sanctions - deutsch: Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) verneine das Existenzrecht Israels, rechtfertige und verharmlose den Terror der Hamas als Freiheitskampf, begründete Fischer die Entscheidung.
In Berlin gehörten zum BDS etwa 30 Menschen, ihre Bedeutung für die Anti-Israel-Bewegung sei in Berlin aber groß. Ihr Ziel sei Israel im internationalen Kontext unmöglich zu machen, das laufe auf eine Vernichtung hinaus.
Verfassungsfeinde agieren gegen Homosexuelle und Transpersonen
Von den Aktivitäten verfassungsfeindlicher Gruppen seien auch immer wieder gesellschaftliche Minderheiten betroffen, die diffamiert, beleidigt und attackiert würden, sagte Spranger. Dazu zählten auch Homosexuelle und Transpersonen, zu deren Bedrohung der Verfassungsschutz ein Sonderkapitel erstellte.
So kämen Anfeindungen und Gewalt gegen Schwule, Lesben und Transmenschen verstärkt aus dem rechtsextremen Spektrum. Außerdem werde das Feindbild der Homosexuellen in der islamistischen Salafisten-Szene gepflegt. „Unter Salafistinnen und Salafisten werden Homosexualität, queeres Leben und Transgeschlechtlichkeit als "Sünde" bezeichnet.“
Stigmatisierung von Homosexualität heute immer noch alltäglich
Die Diskriminierung der sogenannten LGBTQ-Community sei heute immer noch alltäglich, heißt es in dem Bericht. Beleidigungen und tätliche Übergriffe würden in Berlin regelmäßig geschehen. Dafür seien nicht nur Verfassungsfeinde verantwortlich. Allerdings würden die Vorurteile von diesen geschürt.
Die Stigmatisierung von Homosexualität sei Ausdruck dieser Ideologien. Im Rechtsextremismus werde die Szene als eine Gefahr für ein heterosexuelles Familienbild und für Kinder gesehen, schreiben die Verfassungsschützer. Junge Rechtsextremisten hätten im vergangenen Jahr gegen Veranstaltungen der Schwulen-, Lesben- und Transszene mobil gemacht, etwa gegen den Christopher-Street-Day (CSD).
Bedrohung durch Russland
Außerdem verwies der Verfassungsschutz auf die Bedrohung durch andere Staaten. Vor allem seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine habe die Bedrohung durch Spionage- und auch Sabotageaktivitäten
spürbar zugenommen.
Die russischen Geheimdienste würden verschiedene Strategien wie Spionage, Internetangriffe, Propaganda und Sachbeschädigungen wichtiger Einrichtungen gegen die deutsche Gesellschaft nutzen. „Wir müssen damit rechnen, dass uns diese Bedrohungen auch zukünftig stark beschäftigen werden.“