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Suchthilfe Beratungsnetzwerk für Glücksspielsüchtige wächst

Es kann eine nette Beschäftigung zwischendurch sein, bei anderen führt das Glücksspiel in den finanziellen Abgrund. Betroffene können sich Hilfe holen. Nur in einer Region ist es schwierig.

Von dpa Aktualisiert: 05.05.2025, 10:23
Glücksspiele sind online immer und überall verfügbar. (Archivbild)
Glücksspiele sind online immer und überall verfügbar. (Archivbild) Sina Schuldt/dpa

Magdeburg/Stendal/Halle - Das Beratungsnetz für Glücksspielsüchtige und ihre Angehörigen in Sachsen-Anhalt wächst, ist aber immer noch nicht flächendeckend. Zum 1. Mai wurde die Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht besetzt. Sie kam zu vier Schwerpunktberatungsstellen in Magdeburg, Stendal, Dessau-Roßlau und Halle hinzu. 

„Die Koordinierungsstelle ist ein wichtiger Baustein“, sagte die Leiterin der Landesstelle für Suchtfragen, Helga Meeßen-Hühne. „Moderne Aufklärung und Prävention gehören zu ihren Aufgaben. Dazu richtet sich der Blick auch in andere Bundesländer.“ Mit Blick auf das Landesnetz fehlt weiter die Schwerpunktberatungsstelle für Glücksspielsüchtige mit Sitz in Halberstadt.

Viele Betroffene mit erheblichen finanziellen Problemen

In Dessau-Roßlau gibt es seit Februar vergangenen Jahres eine Beratungsstelle für pathologisches Glücksspiel. Nach Einschätzung von AWO-Projektleiterin Jana Teske hat sich das Angebot in der Stadt und der Umgebung gut etabliert. Es habe 239 Beratungskontakte gegeben. 

Die individuelle Unterstützung von Betroffenen und Angehörigen sei zentral. Betroffene treffen sich auch in einer offenen Gruppe. Bei den Beratungen sei es oft um Schulden und deren Bewältigung gegangen, viele Betroffene hätten erhebliche finanzielle Probleme, so Teske. 

In der regionalen Schwerpunktberatungsstelle der Caritas in Stendal haben sich die Zahlen der direkt Betroffenen auf 42 und die der Angehörigen auf 22 verdoppelt im Vergleich zum Vorjahr. Der Leidensdruck sei zum Teil sehr hoch, viele hätten sich schon selbst sperren lassen für Spiele und auch die Schuldnerberatung in Anspruch genommen, sagte der Sprecher des Caritasverbands für das Bistum Magdeburg, Stefan Zowislo. Die Betreuung sei sehr eng, teils kämen die Betroffenen jede Woche.

Online-Beratung und Präventionsarbeit 

Für den Süden des Landes ist die Beratungsstelle in Halle zuständig. Auch dort steigt die Nachfrage, sagt Expertin Janine Teubner. Nach dem Start im April 2023 habe es 30 Anfragen von Betroffenen und Angehörigen gegeben. Im vergangenen Jahr sei die Zahl der Klienten auf 52 gestiegen, sagte Teubner. Weil die Wege teils sehr lang sein könnten, aber auch, weil den Betroffenen selbst das Geld für einen Fahrschein fehle, sei eine Online-Beratung aufgebaut worden. Zudem treffe sich jede Woche eine Gruppe, um sich über Probleme, Lösungsansätze und Erfahrungen auszutauschen. Die Glücksspielsüchtigen fühlten sich gesehen, so Teubner weiter. Sie will zudem die Präventionsarbeit in Schulen ab Klasse acht ausbauen. 

Spieler suchen Hilfe, wenn der Leidensdruck sehr hoch ist

In der ältesten Beratungsstelle für Glücksspielsüchtige im Land in Magdeburg stagnierten die Zahlen zuletzt, sagte Suchtberater Daniel Krause. 2024 seien 83 Klientinnen und Klienten beraten worden, alles in allem habe es 379 Beratungskontakte gegeben, 2023 seien es noch 443 Kontakte gewesen. Die Zahl der Menschen, die sich meldeten, sei schwankend. Es gebe ruhige Phasen und Stoßzeiten, so Krause. Das liege auch daran, wie groß der Leidensdruck der Spieler sei, die oft ihre ganze Familie ins finanzielle Verderben stürzten.

„Es gibt nach wie vor die klassischen Spielhallenspieler, die machen in der Beratung aber einen geringen Anteil aus“, sagte Krause. Wegen der permanenten Verfügbarkeit und den Bezahlvarianten seien für viele Spieler Sportwetten und Online-Casinos einfach und verlockend - diese Spielsüchtigen machten den Großteil der Hilfesuchenden aus. 

Bei den Spielsüchtigen kommt oft mehr zusammen 

Und oft komme noch etwas dazu: Betroffene investierten in Kryptowährungen und betrieben Day-Trading, schnelles Kaufen und Verkaufen in der Hoffnung auf Gewinne. Es griffen die gleichen Mechanismen wie beim Glücksspiel, sagte Krause. Es seien aber keine Sperrvermerke oder Limits möglich. Dem stehe man oft hilflos gegenüber.

Problematisches Glücksspielverhalten macht sich beispielsweise deutlich in immer höheren Spieleinsätzen, entzugsähnlichen Erscheinungen wie Unruhe oder Reizbarkeit, im Zwang, Verluste auszugleichen, in Schulden oder im Belügen von Angehörigen oder anderen Bezugspersonen. 

Im jüngsten Glücksspielatlas Deutschland 2023 hieß es, etwa jeder 13. Glücksspieler entwickele durch die Teilnahme an Automatenspielen, Sportwetten und anderen Glücksspielen gesundheitliche, finanzielle oder auch soziale Probleme. In vielen Fällen seien diese so stark, dass Familien zerstört und Existenzen vernichtet würden.