Von Kokain-Dealern bestochen? Aussage von inhaftiertem Staatsanwalt im Prozess erwartet
Er brachte zahlreiche Drogenhändler ins Gefängnis, jetzt sitzt ein Staatsanwalt aus Hannover selbst auf der Anklagebank. Der 39-Jährige bestreitet Geschäfte mit der international agierenden Bande.

Hannover - Im Korruptionsprozess um mutmaßliche Geschäfte mit internationalen Drogenhändlern ist für den heutigen Tag die Einlassung des angeklagten Staatsanwalts geplant. Der Jurist, der seit Ende Oktober in Untersuchungshaft sitzt, bestreitet die Vorwürfe. Er hat angekündigt, ausführlich zu ihnen Stellung zu nehmen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Laut Anklage soll der 39-Jährige über Monate hinweg gegen Geld Interna aus Ermittlungsverfahren preisgegeben und die Kokain-Bande vor einer Razzia gewarnt haben - Drogenbosse setzten sich ins Ausland ab. Als Dezernent der Betäubungsmittel-Abteilung der Staatsanwaltschaft Hannover hatte der Mann zahlreiche Rauschgift-Verfahren geführt.
Inhaftierter Jurist beklagte unvollständige Akten
Konkret werden dem Angeklagten 14 Fälle von besonders schwerer Bestechlichkeit im Zeitraum zwischen Juni 2020 und März 2021 zur Last gelegt. Zudem ist er wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und Strafvereitelung im Amt angeklagt. Am ersten Verhandlungstag bemängelte der 39-Jährige, dass die Prozessakten unvollständig seien. Seine Verteidigung kritisierte erneut, dass ihr Mandant - ein verheirateter, „sozial fest integrierter“ Mann - wegen Fluchtgefahr in U-Haft sitzt.
Die in Niedersachsen oppositionelle CDU sieht in dem Fall viele Fragen offen und sprach in der Vergangenheit von einem „Justizskandal“. Gegen den Verdächtigen wurde bereits ab Juni 2022 ermittelt, im November 2022 wurden seine Diensträume und seine Wohnung durchsucht. Nach Einstellung dieses Verfahrens wurde weiter nach dem Leck in den Behörden gesucht. Laut Justizministerium kamen neue Indizien hinzu, so dass die Ermittlungen gegen den Staatsanwalt im Juni 2024 wieder aufgenommen wurden.
Boxtrainer soll Gelder der Kokain-Bande übergeben haben
Lange ermittelte die Staatsanwaltschaft Hannover gegen den Verdächtigen in den eigenen Reihen, erst Ende 2024 übernahm wegen einer neuen Vorgabe des niedersächsischen Justizministeriums die Staatsanwaltschaft Osnabrück den Fall.
Wegen Beihilfe zur Bestechung ist ein 41 Jahre alter Boxtrainer mitangeklagt. In zwölf Fällen soll er als Mittelsmann der Kokain-Bosse fungiert haben. Unter anderem soll er die monatlich vereinbarten 5.000 Euro in bar dem Staatsanwalt überreicht haben. Für besondere Informationen gab es angeblich 5.000 Euro Sonderzahlungen. Überreicht wurden die Bestechungsgelder laut Anklage häufig im Kampfsport-Studio des Mannes, der nicht in Untersuchungshaft sitzt. Hier war der Staatsanwalt Mitglied.