Augsburg Augsburg: Er wollte Sex, sie gute Noten

Augsburg/dpa. - «Sie war keine unattraktiveFrau, ich fand sie nett und schön und wollte eine Affäre mit ihr»,sagt der mit einer Psychologin verheiratete 58 Jahre alteHochschullehrer für Wirtschaftswissenschaften freimütig zumProzessbeginn. Im Gegenzug stellte er im vergangenen Jahr einerattraktiven Studentin für die Magisterarbeit eine bessere Benotung inAussicht. Das Amtsgericht Augsburg verurteilte ihn dafür amDonnerstag wegen Bestechlichkeit zu einer Bewährungsstrafe von zehnMonaten und einer Geldstrafe von 8000 Euro. Vom Vorwurf derversuchten Nötigung in einem besonders schweren Fall wurde der «HerrProfessor» freigesprochen.
Sollte die Staatsanwaltschaft das Urteil akzeptieren, wäre derAngeklagte mit einem blauen Auge davon gekommen. Bei einer Strafe voneinem Jahr und mehr hätte er seinen Beamtenstatus und den Job an derUni verloren. Bei einer Berufung müsste der Fall noch einmalaufgerollt werden - Ausgang offen. Die Staatsanwaltschaft prüft noch.
Sehr selbstbewusst schildert die Zeugin, wie ihr der Professoreindeutige Angebote machte: In einem ersten Gespräch nach derschriftlichen Klausur will sie mit ihrem Lehrer die Themen dermündlichen Prüfung absprechen. Er erklärt ihr, ohne die schriftlicheArbeit gesehen zu haben, sie werde die Prüfung wahrscheinlich nichtbestehen. Die aus der Ukraine stammende 34-Jährige gerät in Panik.Denn dann müsste sie Deutschland verlassen, bekäme hier keinen Job.«Da schlug er mir einen Tausch vor», beschreibt sie die Situation.Was meinen sie, fragt sie nach und er zeigt ihr sechs Finger. Geld?Nein, Sex! Entrüstet habe sie abgelehnt. Danach erfuhr sie, dass siebei der Klausur durchgefallen war.
Zu einem zweiten Gespräch mit dem Professor kommt die Studentinverwanzt mit Kamera und Mikrofon. Sie wollte die Sex-Forderungenspäter beweisen können, begründet sie ihr Handeln, das ihr ein nochnicht beendetes Verfahren wegen versuchter Nötigung einbrachte.Wieder bietet ihr der Hochschullehrer Sex an. Diesmal verlangt ersogar eine längere Beziehung, worauf sie ihm entrüstet entgegnet:«Dann kaufen Sie sich doch eine Nutte.» Doch der Professor lässtnicht locker. Als er ihr ironisch erklärt, bei Zuneigung würde dienächste Prüfung mit Gottes Hilfe gelingen, erwidert sie: «Ich glaubenicht an Gott.» Darauf er: «Dann kann ich die Rolle von Gottübernehmen.»
Zu einem dritten Gespräch schickt die Studentin einen Detektiv mitden mitgeschnittenen Aufnahmen. Ultimativ verlangt der für diemündliche Prüfung die Note 3,3 und bringt auch gleich die zustellenden Prüfungsfragen mit. Zuvor hatte der Dozent schon dieKlausur von 4,7 - nicht bestanden - auf 4,3 - bestanden -hochgestuft. Dies sei aus rein sachlichen Gründen erfolgt, wie derAngeklagte versichert.
Als ihm mit der Veröffentlichung des heimlich aufgenommenenMaterials gedroht wird, zieht der Professor die Notbremse. Erinformiert freiwillig den Dekan der Universität. Die Selbstanzeigehat ihm wahrscheinlich seinen Professorentitel und den Beamtenstatusgerettet. Jedenfalls spricht das Gericht den Beschuldigten von der«versuchten Nötigung in einem besonders schweren Fall frei».
Nach dem Richterspruch ist der Angeklagte sichtlich erleichtert.Die Staatsanwältin hatte ihm zuvor vorgehalten, er habe mit seinemVerhalten das «Vertrauen in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstesenorm erschüttert», seine Machtposition als Professor schamlosausgenützt und gegen die Dienstpflichten verstoßen. Deshalb hatte sieeine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten gefordert. DieVerteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Der Richter fand einenMittelweg. Die Studentin übrigens legte ihre mündliche Prüfung beieinem anderen Professor mit der Note 1,3 ab und hat ihreMagisterprüfung bestanden.