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Anti-Diät-Tag Anti-Diät-Tag: Dicker Protest - Verein fordert mehr Schutz vom Staat

02.05.2012, 21:13
Auch in Deutschland sind zum Anti-Diät-Tag Aktionen geplant. (ARCHIVFOTO: DPA)
Auch in Deutschland sind zum Anti-Diät-Tag Aktionen geplant. (ARCHIVFOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Berlin/dapd. - Vor 20 Jahren wurde der Internationale Anti-Diät-Tag von der Feministin Mary Evans Young in Großbritannien ins Leben gerufen. Sie wollte damit gegen den Schlankheitswahn vorgehen. Aus dieser Idee entwickelte sich der inoffizielle Aktionstag, der seitdem in zahlreichen Ländern weltweit jedes Jahr am 6. Mai durchgeführt wird. Es geht um das Nachdenken über bestehende Schönheitsideale und um Widerstand gegen die Diskriminierung von Dicken in der Gesellschaft.

Auch in Deutschland sind zum Anti-Diät-Tag Aktionen geplant. So will der Verein Dicke e.V. ein Manifest veröffentlichen, das zuvor von Dicken-Aktivisten aus ganz Europa verabschiedet werden soll. Die Vorsitzende des Vereins, Gisela Enders, wirft der Bundesregierung eine massive Diskriminierung von übergewichtigen Menschen vor. Der Staat gehe davon aus, dass dicke Menschen mit höherer Wahrscheinlichkeit krank würden. Daher würden sie dann auch nicht verbeamtet, sagte die Vereinsvorsitzende. Die Amtsärzte würden übergewichtigen Menschen sogar empfehlen, sie müssten mit einer Crash-Diät erst einmal ordentlich abnehmen. Dies sei eine deutlich größere Gesundheitsgefährdung als das Übergewicht selbst. Das sei weder eine Hilfe "für den Staat, der dann sozusagen einen verdeckten dicken Menschen verbeamtet hat, und schon gar nicht für die Person selbst", sagte Enders.

Der stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Thomas Menn, verteidigte die Praxis. Die Ärzte seien nur bemüht, den Betroffenen zu helfen, sagte er dapd. Die Entscheidung über eine Verbeamtung falle nicht alleine aufgrund der Daten, sondern auch durch persönliche Gespräche. "Wenn eine Person in einem Monat zehn Kilo abnimmt, mache ich mir natürlich Gedanken."

Es sei jedoch die Aufgabe der Amtsärzte, möglichst viele Risikofaktoren vor einer Verbeamtung auszuschließen, sagte Menn. Bei einem Menschen mit einem einen Body-Mass-Index von 35 gebe es ein deutlich erhöhtes Risiko von Herz-Kreislauf- oder Blutdruck-Problemen.

Enders kritisierte, dass die Diskriminierung noch weiter gehe. So würden Übergewichtige bei der Arbeitsagentur automatisch in die Schublade der Schwervermittelbaren eingeordnet. "Es wird aufgrund der Optik und nicht aufgrund der Qualifikation entschieden", meinte sie. "Und damit haben die Arbeitsagenturen wahrscheinlich sogar recht", sagte Enders und forderte: "Auch die Körperform muss in die Antidiskriminierungsrichtlinien aufgenommen werden."

Unterstützung erhielt sie von der Vizepräsidentin der Deutschen Adipositas Gesellschaft, Martina de Zwaan. Sie sagte, dass Übergewichtige nicht nur diskriminiert sondern auch in der Gesellschaft stigmatisiert würden. Es werde getuschelt und den Menschen der Vorwurf gemacht, dass sie nur wegen der eigenen Willensschwäche dick seien. Das führe dazu, dass sich viele der Betroffenen auch selbst die Schuld gäben.

Von Diäten und Fasten rät sie daher ab. "Damit ist es kaum dauerhaft möglich, Gewicht zu reduzieren", sagte de Zwaan. Daher seien Aktionen wie der Anti-Diät-Tag sinnvoll. Das Problem sei, dass "da eine riesige Industrie dahinter steckt". So werde in Anzeigen die Hoffnung geschürt, dass man in kurzer Zeit viel abnehmen könne. "Das ist zwar möglich, aber nicht langfristig zu halten." Sie empfehle Menschen, die durchschnittlich übergewichtig sind, ihre Gewohnheiten in kleinen Schritten umzustellen und die Nahrungszusammenstellung zu ändern. Nur bei massivem Übergewicht seien radikalere Schritte nötig, etwa ein Operation. Strenge Diäten machten aber auch dann keinen Sinn.