Altkanzler Helmut Kohl Altkanzler Helmut Kohl: Erster Flirt im Hubschrauber

Berlin/MZ - Der erste persönliche Kontakt, jetzt ist es raus, fand in einem Hubschrauber statt, und er endete nach ein paar Sätzen. Der Hubschrauber lärmte, und Helmut Kohl und Maike Richter setzten sich Kopfhörer auf. Mittelromantisch.
Aus diesem Kontakt Ende der 90er Jahre ist dann ein paar Jahre später eine Ehe geworden. Eine rührende Liebesgeschichte für die einen, eine seltsame Zweckverbindung für die anderen. Der Altkanzler und seine Referentin, ein alter kranker Mann und eine deutlich jüngere Frau – 30 Jahre liegen zwischen beiden. Körperlicher Verfall und freundliche Zugewandtheit. Staunen hat das ausgelöst und Spekulationen über die Hintergründe. Kohls Söhne beklagten sich über Zurücksetzung, frühere Angestellte über kalte Entlassung. Das Paar schwieg.
Rätselraten über Motive
Jetzt, neun Jahre, nachdem die Partnerschaft bekanntgemacht worden ist, sechs Jahre nach der Hochzeit, hat Maike Kohl-Richter erstmals ein langes Interview gegeben. Von Vorgesprächen und vertrauensbildenden Maßnahmen berichtet die Welt am Sonntag, die ihr fünf Seiten eingeräumt hat. Das Springer-Blatt hat außerdem Bild-Chefredakteur Kai Dieckmann als Interviewer zur Verfügung gestellt, dem Kohl so eng verbunden ist, dass er dessen Trauzeuge war.
Maike Kohl-Richter, eine der größten öffentlichen Schweigerinnen des Landes, spricht nun also. Es gehe ihr um ihren Ruf und um den ihres Mannes, sagt sie. Sie habe ihre Rolle nie als eine öffentliche gesehen und gehofft, dass ihr Schweigen respektiert werde. Aber dem sei nicht so, und außerdem gebe es ja das „freundliche Interesse der Menschen, zu erfahren, wer ich bin und wie es Helmut Kohl geht“. Es ist ein Verteidigungsgespräch.
Als gestrenge Hüterin über den Zugang zum einstigen Kanzler ist Maike Kohl-Richter oft beschrieben worden, und ihre Motivation schien so manchem zweifelhaft. Liebe? Nähe zur Macht? Krankenschwester-Syndrom? Kohls Sohn Walter, hat in einem seiner Bücher geschrieben, die Berliner Wohnung seiner Stiefmutter sei eine Art Helmut-Kohl-Museum gewesen.
Kein Groupie
Kohl-Richter sagt, es sei absurd, sie als Frau zu beschreiben, „deren ganzes Leben darin bestanden haben soll, an Helmut Kohl heranzukommen“. Sie habe Kohls Politik gut gefunden, bevor sie den Menschen Helmut Kohl kannte. Kein Groupie also, sondern nur „unter Groupie-Verdacht“. Ein wenig spöttisch wird sie da auch: „Ich bin nicht auf die Welt gekommen und habe immer gerufen: Helmut Kohl, Helmut Kohl, Helmut Kohl.“ Aber Freiheit verbindet sie mit ihm. Auf den Fotos zum Interview ist eine unbekümmert-fröhlich lächelnde Frau zu sehen. Die beschreibt ihren Lebenslauf vor Kohl – Au-pair in London, VWL-Studium in München, Prüfungsangst, ein von ihr begeisterter Professor, den ersten Job bei einem Wirtschaftsforschungsinstitut, den Wechsel als Redenschreiberin ins Kanzleramt. So allgemein wie möglich berichtet sie über die Annäherung an den Kanzler. Das kurze Gespräch im Hubschrauber, dem ein ausführliches über ihre Doktorarbeit folgte. Dass sie sich übers Redenschreiben in „Denke und Geist“ des Kanzlers eingefühlt und dann irgendwann gemerkt habe, dass Kohl „meine Seele berührt hat“.
Ihr eigenes Leben, das wird klar, ist inzwischen fast ausschließlich von Helmut Kohl bestimmt. Grundlage für Gespräche bei Spazierfahrten sind seine Anekdoten. Sie zieht bei seinen langen Klinikaufenthalten zu ihm ins Krankenzimmer. „Ich bin nicht in Helmut Kohls Leben getreten mit dem Anspruch, sein Leben zu verändern und mir Platz zu verschaffen“, sagt sie. Es ist eine indirekte Antwort auf den Vorwurf der Söhne Walter und Peter Kohl, die ihr vorwerfen, sie wolle Helmut Kohl für sich alleine haben. Manche hätten Angst, „dass ich ihnen etwas wegnehmen könnte, auf das sie glaubten, einen Anspruch zu haben“, bemerkt die Ehefrau spitz. Den Rückzug ins Private begründet Kohls Frau mit der Krankheit ihres Mannes. Direkt erwähnt sie die Söhne nur im Zusammenhang mit einem Krankenhausbesuch.
Zwei große Kanzler
Kohl-Richter ist eine große Verteidigerin ihres Mannes. Gegen die Medien, die nichts anderes im Sinn gehabt hätten als Kohl zu diskreditieren. Gegen die CDU, die ihn wegen der Spendenaffäre ausgegrenzt hat. Ein „furchtbares Unrecht“ sei ihrem Mann widerfahren für einen „verzeihlichen Fehler“, findet Kohl-Richter. Zwei große Bundeskanzler habe es in Deutschland bisher gegeben, sagt sie: Konrad Adenauer und Helmut Kohl.
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