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Absturz vor den Komoren: Mädchen lebend geborgen

30.06.2009, 19:07

Johannesburg/Moroni/dpa. - Beim zweiten folgenschweren Airbus-Unglück innerhalb eines Monats ist am Dienstag ein jemenitisches Verkehrsflugzeug mit 153 Menschen an Bord vor Afrikas Ostküste ins Meer gestürzt.

Nach Regierungsangaben wurde als einzige Überlebende ein zwar erschöpftes, aber wie durch ein Wunder weitgehend unverletzt gebliebenes 14-jähriges Mädchen aus dem Wasser gezogen. Die am Dienstagabend wegen schwerer See zunächst eingestellte Suche nach Überlebenden soll trotz geringer Aussichten auf Erfolg an diesem Mittwoch mit Militärhilfe aus Frankreich und den USA wieder aufgenommen werden. Bisher wurden erst vier Leichen geborgen.

Der zweistrahlige Airbus A310 der Yemenia Air befand sich auf dem Flug vom Jemen zu dem Inselstaat der Komoren. In stürmischem Wetter war er nach einem missglückten Landeanflug in den Indischen Ozean gestürzt. Flug IY 626 hatte nach Angaben der Fluggesellschaft 11 Crew-Mitglieder und 142 Passagiere an Bord, darunter viele Exil- Komorer mit französischer Staatsbürgerschaft.

Der knapp 20 Jahre alte Airbus war bei einer Inspektion vor zwei Jahren in Frankreich wegen technischer Mängel aufgefallen. Unklar blieb aber zunächst, ob technisches Versagen ursächlich für den Absturz war. Aufklärung sollen die Flugschreiber und Stimmrekorder geben, die in großen Verkehrsflugzeugen Flugdaten und Gespräche der Piloten aufzeichnen. Es ist das zweite Airbus-Unglück innerhalb eines Monats: Am 1. Juni war ein A330 der Air France mit 228 Menschen an Bord auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Paris in den Atlantik gestürzt. Airbus schickte ein Expertenteam auf die Komoren.

«Die Chancen, dass noch weitere Überlebende gefunden werden, ist extrem gering», sagte ein Sprecher des komorischen Verkehrsministeriums am Dienstagabend der Deutschen Presse-Agentur dpa. Das gerettete Mädchen war von einem der Suchboote an der Absturzstelle entdeckt worden. Der Teenager hatte sich Berichten zufolge stundenlang verzweifelt an ein Wrackstück geklammert. Nach unbestätigten Angaben soll das Mädchen zudem eine Rettungsweste getragen haben. Nach erster medizinischer Behandlung wurde es zur Untersuchung in ein Krankenhaus gebracht. Von Mittwoch an werden sich französische und amerikanische Militärs mit Fluggerät, Schiffen und Tauchern an der Suche beteiligen.

Bundespräsident Horst Köhler schickte dem Präsidenten der Union der Komoren, Ahmed Abdallah Sambi, ein Kondolenztelegramm, der französische Präsident Nicolas Sarkozy zeigte sich bestürzt. Nach Angaben seiner Regierung waren 66 Franzosen unter den Opfern. Die jemenitische Nachrichtenagentur berichtete zudem von einem kanadischen und einem palästinensischen Passagier. Das Bordpersonal stammte aus Jemen, von den Philippinen, aus Marokko und Indonesien.

Ein Teil der Passagiere war zunächst mit einem Airbus A330 von Paris über Marseille nach Sanaa geflogen. Dort stiegen sie in die Unglücksmaschine um, die nach einer Zwischenlandung in Dschibuti um 1.00 Uhr (MESZ) in Moroni landen sollte. Eine Augenzeugin berichtete, die Maschine sei brennend ins Meer gestürzt. Die Absturzstelle des Flugzeugs wurde 20 Kilometer nördlich der Insel Grande Comore - in Verlängerung der Landebahn - ausgemacht. Dort war auch ein Treibstoffteppich auf dem Wasser zu sehen.

Nach Angaben des französischen Verkehrsstaatssekretärs Dominique Bussereau wies die Maschine bei einer Überprüfung in Frankreich 2007 diverse Mängel auf. «Die Fluggesellschaft (Yemenia) stand nicht auf der Schwarzen Liste, aber wir haben sie im Auge gehabt. Sie sollte demnächst von einem Sicherheitskomitee der EU überprüft werden», sagte er dem Sender i-télé. Yemenia Airlines wies die Kritik zurück. «Das Flugzeug war technisch gesund», sagte Vizedirektor Ali Sumari, räumte aber die Mängelrüge in Frankreich ein: «Diese Probleme wurden beseitigt, bevor das Flugzeug gestartet ist», betonte er. 

Nach zunächst unbestätigten Informationen hatte das Flugzeug vor dem Absturz ein Durchstart-Manöver eingeleitet. In dem Gebiet war es in der Nacht zum Dienstag sehr windig und regnerisch. Die Selbsthilfegruppe «SOS Voyage au Comores» übte scharfe Kritik an Yemenia. «Es mangelt vor allem an Sicherheit und Achtung für die Passagiere», sagte Mhoudine Jamal von der Organisation, die 2008 von Komoren in Marseille gegründet worden war.

EU-Verkehrskommissar Antonio Tajani forderte eine weltweite Schwarze Liste für bedenkliche Fluggesellschaften. Er will seinen Vorschlag Vertretern der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) vorlegen.

Die Komoren liegen zwischen Mosambik und Madagaskar und sind etwa halb so groß wie die spanische Ferieninsel Mallorca.