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Erdgas-Konzern aus Leipzig VNG will riesige Wasserstoff-Anlage bauen: Standort Bitterfeld-Wolfen?

Der Leipziger Gaskonzern VNG erzielt wieder hohe Gewinne. Vor allem in Wasserstoff-Projekte werden die Mittel investiert. In Mitteldeutschland soll ein riesiger Elektrolyseur gebaut werden.

Von Steffen Höhne 16.04.2024, 15:24
In einem Werk in  Bitterfeld-Wolfen produziert Nobian  bereits grünen Wasserstoff. Jetzt sind die Niederländer Partner von VNG in einem Großprojekt.
In einem Werk in Bitterfeld-Wolfen produziert Nobian bereits grünen Wasserstoff. Jetzt sind die Niederländer Partner von VNG in einem Großprojekt. Foto: Kehrer

Leipzig/MZ - Der Leipziger Erdgas-Konzern VNG will sich in ein Unternehmen für grüne Gase verwandeln. „Wir wollen jedes Jahr 200 bis 300 Millionen Euro investieren“, sagte Finanzvorstand Bodo Rodestock am Dienstag bei der Vorstellung der Bilanz für 2023. Eines der Großprojekte soll in Mitteldeutschland umgesetzt werden. VNG will zusammen mit dem niederländischen Wasserstoffunternehmen HyCC einen industriellen Elektrolyseur zur Produktion von grünem Wasserstoff in der Region errichten. Die Anlage werde eine Leistung von 500 Megawatt haben, kündigte Technikvorstand Hans-Joachim Polk an. Das Projekt befinde sich noch in einer frühen Phase, ergänzte er.

Preis für grünen Wasserstoff ist noch sehr hoch

Anteilseigner von HyCC ist das niederländische Chemie-Unternehmen Nobian, das im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen bereits ein Werk betreibt, in dem Chlor und grüner Wasserstoff hergestellt werden. Der Standort dürfte daher auch Chancen bei dem Großprojekt haben. Polk betonte: „Der grüne Wasserstoff soll vor allem als Rohstoff für die Chemie-Industrie in Mitteldeutschland zur Verfügung gestellt werden.“ Aktuell baut VNG im Energiepark Bad Lauchstädt (Saalekreis) einen Elektrolyseur mit einer Leistung von 30 Megawatt auf. Bei der Elektrolyse wird Wasser mittels Ökostrom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Der Wasserstoff dient als Erdgasersatz. VNG hat für das Projekt in Bad Lauchstädt auch einen ersten Abnehmer: die Total-Energies-Raffinerie in Leuna.

In Bad Lauchstädt baut VNG zusammen mit Partnern einen Elektrolyseur, der unter anderen Wasserstoff für die Total-Energies Raffinerie in Leuna produzieren soll.
In Bad Lauchstädt baut VNG zusammen mit Partnern einen Elektrolyseur, der unter anderen Wasserstoff für die Total-Energies Raffinerie in Leuna produzieren soll.
Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Das Problem: Die Produktion von grünem Wasserstoff ist noch teuer. So liegen die Preise laut Polk aktuell bei etwa 210 Euro je Megawattstunden – das ist etwa das Fünffache des Erdgaspreises. Dennoch gibt es Interessenten, da Industriefirmen sich grünen Wasserstoff auf ihre CO2-Bilanz anrechnen können. Durch den Bau großer Elektrolyseure sollen die Kosten massiv sinken. VNG-Vorstandschef Ulf Heitmüller machte allerdings auch deutlich, dass Deutschland auf den Import von grünem Wasserstoff angewiesen sein wird. So arbeitet VNG unter anderem zusammen mit Total Energies an Lieferungen aus dem südamerikanischen Chile.

Erdgas aus den USA statt Russland

Aktuell spielt Wasserstoff im Geschäft des Gaskonzerns noch keine Rolle. Im vergangenen Jahr setzte das Unternehmen 378 Milliarden Kilowattstunden Erdgas ab und machte damit einen Umsatz von 23,2 Milliarden Euro. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 380 Millionen Euro. Heitmüller sprach von einem „außergewöhnlichen Ergebnis“. VNG hat den Bezug von russischem Erdgas komplett eingestellt. Das Unternehmen besitzt direkte Lieferverträge mit Firmen aus Norwegen und seit kurzem aus Algerien. Der Großteil des Erdgases wird am Markt zugekauft, dabei handelt es sich häufig um Flüssiggas aus den USA.

2022 hatte der Konzern wegen der ausgebliebenen russischen Lieferungen in einer tiefen Krise gesteckt. Der Mehrheitseigner EnBW und der deutsche Staat mussten VNG stützen, dennoch blieb ein Verlust von 337 Millionen Euro. Inzwischen sieht Heitmüller die Versorgung Deutschlands mit Erdgas in den kommenden Jahren als gesichert an. Im Großhandel sind die Erdgaspreise deutlich gefallen, die Kilowattstunde kostet zwischen drei bis vier Cent.

Deutschland ist jetzt im globalen Erdgashandel eingebunden.

Ulf Heitmüller, VNG-Vorstandschef

„Deutschland ist jetzt im globalen Erdgashandel eingebunden“, erläuterte Heitmüller. Es werde aber weiter Preisschwankungen geben. Vor allem die angespannte Situation im Nahen Osten zwischen Israel und dem Iran könnte Auswirkungen auf die Öl- und Erdgaspreise haben. Der VNG-Chef will daher auch die Lieferbeziehungen mit Algerien ausbauen. „Es ist bisher der einzige Staat in Nordafrika, aus dem wir über eine Pipeline Erdgas beziehen können“, so Heitmüller.

Zukauf von Biogasanlagen

Neben grünem Wasserstoff und Erdgas setzt VNG auch auf den Ausbau des Biogas-Geschäfts. Das Tochterunternehmen Balance betreibt in Nord- und Ostdeutschland inzwischen 40 Anlagen, die rechnerisch 120.000 Haushalte mit Energie versorgen können. „Wir sind am Zukauf weiterer Anlagen interessiert“, sagte Polk. In das Geschäftsfeld seien in den vergangenen Jahren mehr als 200 Millionen Euro investiert worden. VNG erwirtschaftet in diesem Bereich Millionengewinne.