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  7. Solarförderung: Streit um EEG-Einspeisevergütung und Energiewende

PV-Hausdachanlagen Ende der Solarförderung? Kritik an Plänen von Wirtschaftsministerin Reiche

Bundeswirtschaftsministerin Reiche will Subventionen für private PV-Hausdachanlagen überdenken. Der Branchenverband und die Grünen warnen vor einem Markteinbruch.

Von Steffen Höhne Aktualisiert: 11.08.2025, 15:15
Mitarbeiter der Magdeburger Firma "eab solar" installieren eine Photovoltaik-Anlage auf einem Dach.  Der Sonnenstrom ist auch Dank einer garantierten Einspeisevergütung attraktiv.
Mitarbeiter der Magdeburger Firma "eab solar" installieren eine Photovoltaik-Anlage auf einem Dach. Der Sonnenstrom ist auch Dank einer garantierten Einspeisevergütung attraktiv. Foto: eab solar

Halle (Saale)/MZ. - Die Solarförderung wird auf den Prüfstand gestellt. Branchenvertreter befürchten, dass die Erneuerbaren Energien ausgebremst werden: Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche hatte in einem Zeitungsinterview die Förderung von Ökostrom aus privaten Photovoltaikanlagen infrage gestellt.

„Neue, kleine PV-Anlagen rechnen sich schon heute im Markt und bedürften keiner Förderung“, sagte die CDU-Politikerin der „Augsburger Allgemeinen“. Die Preise für Anlagen und Speicher seien deutlich gesunken. An der Einspeisevergütung für bestehende Solaranlagen will Reiche aber nichts ändern. „Die Hauseigentümer haben für ihre Anlagen Bestandsschutz.“

EEG-Einspeisevergütung für Solarstrom vom Dach

Wer Solarstrom auf seinem Dach erzeugt und in das Netz einspeist, erhält 20 Jahre lang pro Kilowattstunde einen festen Betrag. Dieser variiert nach Größe der Anlage, Art der Einspeisung und Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Je mehr Leistung die Anlage hat, desto geringer ist die Vergütung. Es gibt mehr Geld pro Kilowattstunde, wenn der gesamte erzeugte Strom ins Netz geht, statt nur der Überschuss nach Selbstverbrauch.

Im Jahr 2016 kostete ein Mittelklasse-Modul laut Portal „Grünes Haus“ noch knapp 50 Cent pro Watt. Im August 2025 sind es etwa zehn Cent.
Im Jahr 2016 kostete ein Mittelklasse-Modul laut Portal „Grünes Haus“ noch knapp 50 Cent pro Watt. Im August 2025 sind es etwa zehn Cent.
Grafik: Büttner

Die Größe einer Photovoltaikanlage für ein Einfamilienhaus hängt vom individuellen Stromverbrauch und der verfügbaren Dachfläche ab. In der Regel liegt die Leistung einer Anlage zwischen fünf und 15 Kilowatt-Peak (kWp). Die Hausbesitzer erhalten für Anlagen mit einer Größe von bis zu zehn Kilowatt (kWp) 7,86 Cent je Kilowattstunde (kWh) bei Teileinspeisung und 12,47 Cent je kWh bei vollständiger Einspeisung.

Lesen Sie auch: Kommentar zur Solarförderung - Reiche hat recht: Solarenergie muss vom Staatstropf

Es handelt sich um die sogenannte EEG-Einspeisevergütung. Für die kleinen Anlagenbetreiber lohnt es sich, den Strom möglichst selbst zu verbrauchen, da Stadtwerke und Regionalversorger im Schnitt 32 Cent je kWh verlangen. Für den nicht genutzten Strom haben sie eine feste Vergütung.

Preise für Photovoltaik-Module sinken

Norbert Allnoch, Geschäftsführer des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien (IWR), sagt daher auch: „Der Trend geht bei kleinen und großen Solaranlagen dahin, dass die Betreiber den Strom selbst nutzen oder verkaufen.“ Allnoch betont, dass der im EEG-Vergütungssystem erzeugte Strom an der Strombörse verkauft werde. Der Bund zahle lediglich die Differenz zwischen dem Börsenpreis und der Einspeisevergütung.

Im Jahr 2016 kostete ein Mittelklasse-Modul laut Portal „Grünes Haus“ noch knapp 50 Cent pro Watt. Im August 2025 sind es etwa zehn Cent (siehe Grafik). Das ist eine Preissenkung von 80 Prozent. Da Solarmodule etwa ein Viertel des Gesamtpreises einer PV-Anlage ausmachen, sinken auch die Gesamtkosten deutlich. Ähnlich ist die Preisentwicklung bei den Speichern.

Dort fielen die Preise allein in den vergangenen zwei Jahren um mehr als 40 Prozent. Das führte zu einem Solarboom. In Sachsen-Anhalt stieg im Vorjahr der Neubau um 25 Prozent auf 588 Megawatt installierte Leistung. Doch immer öfter geraten in den Mittagsstunden die Stromnetze an ihre Kapazitätsgrenze, weil zu viel Solarstrom eingespeist wird.

Branche warnt vor Jobabbau

Reiche betonte daher, die Anlagen müssten ihren Strom intelligent einspeisen. Deshalb sollten PV-Anlagen mit Stromspeichern verbunden und steuerbar sein, am Markt teilnehmen und ihren Strom vermarkten. Die Wirtschaftsministerin hält es nicht mehr für zeitgemäß, dass Betreiber Anlagen errichten, ohne auf das Stromnetz Rücksicht zu nehmen. „All das macht unser Stromsystem unnötig teurer. Das will ich ändern“, sagte sie.

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) hat Überlegungen von Reiche zurückgewiesen. „Die Umsetzung eines derartigen Vorhabens würde die Klimaziele gefährden und die Branche mit ihren rund 150.000 Beschäftigten stark schädigen“, sagte BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Nach einer Umfrage unter Solarinstallateuren würden sich lediglich vier von zehn Kunden ohne eine Förderung noch eine Solaranlage im Heimsegment anschaffen.

Die Grünen rufen zum geballten Widerstand gegen Kürzungspläne auf. „Die Freunde der dezentralen Energiewende in Bürgerhand müssen jetzt aufstehen. Egal ob Kommunen, Unternehmen, Landwirte und Klimaschützer – Reiches Politik hat viele Verlierer“, warnte der stellvertretende Grünen-Chef Sven Giegold am Montag.