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Welttoilettentag Welttoilettentag: Holzklo oder Design-Urinal? So pinkelt es sich im Osten

Von Franziska Höhnl und Violetta Kuhn 18.11.2017, 19:00
Welttoilettentag: Klingt lustig, hat aber einen ernsten Hintergrund.
Welttoilettentag: Klingt lustig, hat aber einen ernsten Hintergrund. dpa-Zentralbild

Leipzig/Magdeburg/Weimar - Nach Angaben der Welt-Toiletten-Organisation leben 4,5 Milliarden Menschen weltweit ohne funktionierende Toilette in ihrem Haus. Darauf soll der Welttoilettentag am Sonntag aufmerksam machen. Die Vereinten Nationen haben den Tag vor vier Jahren ins Leben gerufen.

In Deutschland dagegen kann wohl fast jeder sein Geschäft genauso verrichten, wie er will - von urig bis stylisch. Eine kleine Rundreise zu Klos der besonderen Art in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen:

Das Naturklo

Urig pinkeln in einer Holzhütte? Das macht der Leipziger Klo-Dienstleister „Ökolocus“ möglich. Das kleine Unternehmen vermietet oder verkauft die selbst geschreinerten Häuschen zum Beispiel für Hochzeiten, Festivals oder Kleingartenbesitzer. Wer mal muss, setzt sich auf eine Klobrille aus Holz. Darunter steht ein 50 bis 60 Liter großes Kunststoff-Fass.

Nach dem Geschäft werden Hobelspäne nachgeworfen. Das soll möglichen Gestank eliminieren. Ist der Eimer voll, kann er dicht verschlossen werden, erklärt Co-Geschäftsführer Raphael Burkhardt. Ökolocus kümmert sich um die Entsorgung des Inhalts. Neben der Klassik-Variante gibt es Pissoirs, barrierefreie Öko-Klos und ein leichtes Modell mit Segeltuch.

Klo für alle

In der westlichen Welt sitzt man, im Rest hockt man. Ein stilles Örtchen ist nicht überall ein Wasserklosett mit Klopapier. Eine Toilette für jede Gewohnheit hat der Unternehmer Peter Fliegenschmidt aus dem anhaltischen Coswig im Angebot. In der Hochzeit der Flüchtlingszuwanderung im Herbst 2015 habe sein Team mit der Uni Hamburg diese multikulturelle Toilette entwickelt, sagte Fliegenschmidt.

Das Klo für alle ist aus Plastik und mobil einsetzbar. Es habe neben der Brille zwei breite Stege zum Hocken, biete Klopapier und den Wasserschlauch für danach, sagte Fliegenschmidt. Seine Firma ist auf die Herstellung von mobilen Toiletten und Sanitärwagen spezialisiert.

Design-Urinal

Selbst ein gewöhnliches Urinal taugt zum Kunstwerk, wie schon Marcel Duchamp vor rund 100 Jahren mit seiner legendären Arbeit „Fountain“ bewiesen hat. Dass ein Pissoir aber nicht immer aus weißer Keramik bestehen muss, zeigt die Arbeit der Designerin Meike van Schijndel, die im Einkaufszentrum Weimar Atrium zu besichtigen ist. Dort können sich Kunden in einen überdimensionierten roten Kussmund erleichtern. Der sorgt aber auch für Diskussionen.

Plumpsklo

Nicht jeder kennt zuhause den Luxus, einfach abziehen zu können, wenn er auf Toilette war. Noch immer gibt es vor allem in abgelegenen Orten Plumpsklos. Beispielsweise in Sachsen sind allein in den drei meistbetroffenen Landkreisen mehr als 175.000 Menschen dauerhaft nicht an die zentrale Abwasserversorgung angeschlossen, wie ein Sprecher des Umweltministeriums sagt.

Dort lohne ein Kanalanschluss nicht. Den Menschen bleiben als Alternativen: eine Grube auf dem Grundstück oder eine eigene Kleinkläranlage. Wie sie sich auch entscheiden: Plumpsklo ist nicht Pflicht. Auch wer eine Grube unterm Lokus hat, kann sich eine Wasserspülung einbauen - dann muss eben öfter abgepumpt werden.

Luthers Klo

Schon die Bauherren der stolzen Burgen im Mittelalter mussten sich auch Gedanken über die Toiletten machen. Diese wurden mitunter blumig-verschämt als „Heimlichkeit“ umschrieben. Die Notdurft wurde dabei oft schlicht nach draußen entsorgt.

Die Hofseiten der Burgen kamen dafür natürlich nicht infrage, vielmehr wurde das Geschäft in kleinen Erkern an den Außenmauern verrichtet. So ist auch der Standort jenes Abort-Erkers, den vor rund 500 Jahren Reformator Martin Luther auf der Wartburg benutzt haben soll, nachweisbar. Er lag laut Landesamt für Denkmalpflege zwischen seinem Schlafgemach und der heutigen Lutherstube. (dpa)