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Waldbrand-Meldung Waldbrand-Meldung: Beobachter halten schwitzend Stellung

Von Fabian Erik Schlüter 21.07.2006, 06:36
Forstarbeiter Waldemar Albrecht, hält vom 27 Meter hohen Feuerwachturm bei Waldrogäsen (Kreis Jerichower Land) mit einem Fernglas Ausschau nach Rauch. (Foto: dpa)
Forstarbeiter Waldemar Albrecht, hält vom 27 Meter hohen Feuerwachturm bei Waldrogäsen (Kreis Jerichower Land) mit einem Fernglas Ausschau nach Rauch. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Wüstenjerichow/dpa. - Genau 126 Stufen steigt Waldemar Albrecht jeden Morgen hoch auf seinen Arbeitsplatz, dann beginnt für den Waldbrandbeobachter das Schwitzen. Ein Handtuch hat er sich um die Schultern gelegt, Schweißperlen tropfen von der Stirn. Knapp 40 Grad zeigt das Thermometer am Nachmittag an, nur ab und zu sorgt eineWindböe für etwas Abkühlung.

Bis 21 Uhr muss Albrecht auf dem 35Meter hohen Feuerwachturm ausharren, der nahe Wüstenjerichow östlichvon Magdeburg aus dem Wald ragt. Seine Aufgabe ist es, möglichst frühWaldbrände zu entdecken und der Feuerwehr zu melden.

Viel Platz hat Albrecht nicht auf dem Turm, etwa fünfQuadratmeter, und auch die Ausstattung ist spärlich: Ein Tisch, zweiStühle, ein Telefon und ein kleines Radio. «Ist wirklich nicht dasHilton», sagt der 58-Jährige. Mit großen Tüchern hat er einigeFenster verhängt, durch die sonst die Sonne knallen würde. «Ohne dieVorhänge hält man es hier gar nicht aus», sagt er.

Weil es seit Wochen sehr heiß ist und kaum regnet ist dieWaldbrandgefahr in Sachsen-Anhalt enorm gestiegen. In vielenLandkreisen gilt inzwischen die höchste Waldbrandwarnstufe 4, so auchim Jerichower Land. Die Wälder dürfen außerhalb der Straßen und Wegenicht betreten werden, außerdem werden die Wachtürme mindestens elfStunden am Tag besetzt. 29 solcher Türme gibt es in Sachsen-Anhalt,auf 8 dieser Türme wurden die Waldbrandbeobachter durch Kamerasersetzt.

Gerade die Gegend um den Feuerwachturm von Albrecht mit ihrengroßen Kiefernbeständen ist besonders gefährdet: Der Boden ist hiersehr trocken, Kiefernnadeln entzünden sich viel leichter als Blättervon Laubbäumen. Eine unachtsam weggeworfene Zigarette, einheißgelaufener Motor, Funken eines bremsenden Zuges - schon kann derWald in Flammen stehen. 73 Mal brannte es im vergangenen Jahr in denWäldern Sachsen-Anhalts, dieses Jahr wurden schon 16 Bränderegistriert.

Von seinem Turm aus kann Albrecht bei normaler Sicht etwa 35Kilometer weit sehen. Entdeckt er eine Rauchwolke, meldet er dassofort dem zuständigen Forstamt. Wenn Brandbeobachter auf zwei Türmendie Rauchwolke sehen, können sie mit Hilfe ihrer Peilscheiben auchüber große Entfernungen sehr genau ausmachen, wo der Brand ist. DasForstamt kann dann auf einer Karte ablesen, ob der Brand in einemWald ist und die Feuerwehr benachrichtigen. Bei großer Trockenheitkommt es auch schon zu Verwechslungen: Wenn Mähdrescher viel Staubaufwirbeln, lässt sich das aus großer Distanz von einer Rauchwolkenur schwer unterscheiden.

Einen Brand hat Albrecht am vergangenen Wochenende ausgemacht.Ansonsten gab es in diesem Sommer bisher kaum zu tun. «Ich habe nochGlück, dass ich eine Leseratte bin», sagt Albrecht. «Den ganzen Tagden Wald beobachten, da wird man ja verrückt.» Ab und zu ein paarSeiten lesen, dann wieder mit dem Fernglas den Horizont absuchen, einbisschen Radio hören.

Ein außergewöhnliches Ereignis hat es für Albrecht in denvergangenen Tagen dennoch gegeben. Zum ersten Mal in 30 Jahren hat ervon dem Turm aus den Harz gesehen. Ansonsten aber hofft auch er, dasses wieder kühler wird, mehr regnet und die Waldbrandgefahr abnimmt.«Das wäre schon schön, wenn ich nicht mehr den ganzen Tag hier obenschwitzen müsste.»