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Wahl in Sachsen Wahl in Sachsen: Ein Leisetreter ohne echten Gegner

Von BERNHARD HONNIGFORT 23.08.2009, 16:41

DRESDEN/MZ. - Sonnenschirme werden eingeklappt, Kellner tragen im Laufschritt Grillwürstchen und Nudelsalat ins Haus. Der Wahlkampf des Stanislaw Tillich wird kurzerhand verlegt vom Platz vorm "Obstgarten" ins Innere des Gasthauses hinter dem Einkaufspark im Stadtteil Nickern.

Tillich ist müde an diesem Abend, er lächelt. Er steht zwischen hundert Unternehmern. Draußen gießt und blitzt es mittlerweile. Er ist nicht nass geworden. Er wird auch am 30. August nicht nass werden. Die Wiederwahl des 50-jährigen CDU-Ministerpräsidenten gilt als sicher in Sachsen.

Der seit Mai 2008 regierende Sorbe aus dem schönen Dorf Panschwitz-Kuckau wird zwar keine absolute Mehrheit bekommen, kann sich aber die Regierungspartner aussuchen: Erste Wahl ist die FDP, zweite Wahl die SPD, Koalitionspartner seit 2004. Eine Regierung aus Linker, SPD und Grünen gilt in Sachsen als aussichtslos.

Der Wahlkampf ist ohne Schwung, es fehlt ein Thema. Tillichs Plakate verkünden er sei "Der Sachse" oder "Die kluge Kraft". Mehr Botschaft ist nicht drin. Tillich selbst ist nicht unglücklich darüber. Er ist ein eher stiller Mann, einer, der sich lieber unauffällig verhält. Krach und Medien sind ihm unangenehm. Er sei "nicht unzufrieden", sagt er, wenn er auf den schlappen Wahlkampf angesprochen wird.

Der sächsischen CDU steckt noch die Erfahrung von 2004 in den Knochen. Damals gab es ein Thema: In jenem Spätsommer fegte ein Orkan aus Empörung über die Hartz-Gesetzgebung der rot-grünen Schröder-Regierung übers Land. Sachsens CDU fiel aus allen Wolken, verlor 15,8 Prozentpunkte und musste danach mit der SPD regieren, die auf unter zehn Prozent gestürzt war. Ein Schock für eine CDU, die unter Kurt Biedenkopf drei Landtagswahlen mit Ergebnissen zwischen 53 und 58 Prozent gewonnen hatte. Es kam noch dicker: Im Frühjahr 2008 gab Ministerpräsident Georg Milbradt auf. Er war über die Sächsische Landesbank gestolpert, die sich via Irlandtochter im Weltfinanzdschungel verzockt hatte und holterdipolter an die Landesbank Baden-Württemberg verkauft werden musste. Hektisch wurde ein Nachfolger für Milbradt gesucht: Übrig blieb Tillich, der smarte Sorbe. Er war damals Finanzminister und frisch eingesprungen für den überforderten Horst Metz.

Da steht er nun im "Obstgarten" zwischen Tischen und Bänken und Unternehmern, die sich über wuchernde Bürokratie beschweren, über Wartezeiten auf Fördergeld oder über Kindergärten, die nichts taugten. Er steht mittendrin, ein Mikrofon in der Hand. Tillich sieht lebendig besser aus als seine Plakate, die einen eher blassen Mann abbilden. Nur ist er unendlich müde. Er hat leichtes Spiel, macht es sich aber nicht zu leicht. Er verteidigt in langen Sätzen seine Bürokraten und die Mitarbeiter der Aufbaubank, die sich ja nun auch an Gesetze zu halten hätten. Außerdem: "Wir sind ja nicht ganz allein auf der Welt."

Auf seine Vergangenheit spricht ihn an diesem Abend niemand an. Sie ist das einzige Kapitel, bei dem sich Tillich ungeschickt bis dumm verhalten hat. Im Herbst 2008 war bekannt geworden, dass das CDU-Mitglied 1989 nicht nur im Rat des Kreises Kamenz saß, sondern auch ein halbes Jahr dessen stellvertretender Vorsitzender war. Ein Streit um einen Fragebogen brach los, den Tillich 1999 bei seinem Dienstantritt als Minister falsch ausgefüllt haben soll. Das Thema verpuffte aber. Nur wenige wollten sich über einen drittklassigen Funktionär aus letzten DDR-Tagen aufregen, dem heute das Rückgrat fehlt, sich dazu zu äußern.

Tillich kommt zum Ende seiner Ansprache. Seine politische Konkurrenz blieb unerwähnt. Auch die NPD, die das Land zuplakatiert hat. Nur die FDP macht ihm Sorgen, dort könnten Unmengen von Stimmen von siegessicheren CDU-Wähler landen. "Ich bitte sie um ihre Unterstützung", sagt Tillich müde. "Die FDP kommt ganz alleine rein."