1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Von Leipzig bis Prag: Von Leipzig bis Prag: EU-Hilfe gegen Häuserverfall

Von Leipzig bis Prag Von Leipzig bis Prag: EU-Hilfe gegen Häuserverfall

Von Sophia-Caroline Kosel 16.07.2013, 12:52
Häuser mit verwitterten Fassaden, aufgenommen am 15.07.2013 die Georg-Schwarz-Straße in Leipzig (Sachsen).
Häuser mit verwitterten Fassaden, aufgenommen am 15.07.2013 die Georg-Schwarz-Straße in Leipzig (Sachsen). dpa Lizenz

Leipzig/DPA - Das Lokal „Zum fröhlichen Zecher“ in Nummer 84 ist längst zu. In den Wohnungen darüber wohnt niemand mehr, die Fenster haben keine Scheiben, dicke Putzschichten sind von der Hauswand gefallen. In Nummer 120 gab es einst Pelze und Briefmarken - aber auch das lässt sich nur noch erahnen. Dutzende einst stattliche Gebäude sehen ähnlich schlimm aus. Die Georg-Schumann-Straße in Leipzig-Gohlis liegt in einer beliebten zentrumsnahen Wohngegend - ist aber seit Jahren dem Verfall preisgegeben. Ebenso wie eine ähnlich unattraktive Leipziger Magistrale, die Georg-Schwarz-Straße, soll ihr ein EU-Projekt alten Glanz zurückbringen.

Verfallene Wohngegenden in Leipzig, Prag, Sopot, Bozen und anderen europäischen Städten sollen im Zuge des EPOurban-Projekts schöner werden. Hinter der Abkürzung verbergen sich 13 Wörter - deren Bedeutung lässt sich so zusammenfassen: Hauseigentümern wird Beratung angeboten - mit dem Ziel, dass sie in die heruntergekommenen Gebäude investieren. „Es geht darum, ihnen Wissen zu vermitteln, was man mit den Objekten machen könnte - und wie man das finanziert bekommt“, sagt Projektkoordinatorin Jana Fischer. Beide Straßen liegen in beliebten Wohngegenden von Leipzig, in denen wenige Meter weiter alles saniert ist.

Ob Berlin oder Hamburg: In anderen deutschen Städten sind selbst Wohnungen an belebten Straßen begehrt und keine Schnäppchen - wegen Wohnungsmangels. Die Gentrifizierung macht selbst vor solchen Straßen nicht halt. Anders in Leipzig. In die vielen Gründerzeitgebäude flossen Millionen, in vielen Gegenden steigen die Mieten deutlich - aber es gibt unweit davon einige Straßenzüge, die nicht weniger schlimm aussehen als zu DDR-Zeiten. 2010 - aktuellere Zahlen gibt es nicht - betrug die Leerstandsquote in der Stadt rund zehn Prozent.

Beispiel Georg-Schumann-Straße: „Die Straße wirkt als Wohnstandort nicht sonderlich attraktiv - vor allem wegen des Lärms“, beschreibt Fischer. Auch zum Einkaufen lockt die kilometerlange Hauptverkehrsstraße mit Straßenbahn schon lange nicht mehr. „Sie war zu DDR-Zeiten eine der beliebtesten Einkaufsstraßen in Leipzig“, berichtet ein Passant, der wenige Straßen weiter wohnt. Bis vor kurzem ging hier die Bundesstraße nach Halle lang; eine neue Umgehung sorgte für etwas Entspannung.

Viele kleine Läden und Lokale verschwanden nach dem Fall der Mauer. Mehrere große Einkaufszentren entstanden. Jeder zweite der 210 kleinen Läden steht nach Angaben der Stadt leer. Seit 2009 ist die Straße ein Schwerpunkt der Stadtentwicklung, es gibt ein Magistralenmanagement und mehrere Investitions-Anreize für Geschäftsleute. Motto: „Geschäftig.Spannend.Sozial“.

In den etwa 800 Häusern gibt es nach Angaben des Dezernats Stadtentwicklung und Bau knapp 5000 Wohnungen. 50 Prozent sind teilsaniert, 25 Prozent unsaniert; viele unbewohnt. Die Eigentümer kommen teils aus Leipzig, teils aus anderen Bundesländern - und zunehmend aus dem Ausland. Auch arabische und irische Käufer sind darunter. Teils haben die Besitzer die Wohnungen erst jüngst bei Zwangsversteigerungen erworben. „Manche besitzen ein Haus und sind selbst pleite“, sagt die Projektkoordinatorin.

30 Fachleute - darunter Architekten, Dachdeckermeister, Bausachverständige und Ingenieure - sollen nun die Hauseigentümer beraten. Sie werden aus dem EU-Topf bezahlt. „Pro Objekt haben wir durchschnittlich 2500 Euro für die Beratung zur Verfügung. 10 bis 15 Beratungsfälle soll es pro Jahr in jeder Stadt geben“, sagt Fischer.

Die Problemlagen seien in jeder teilnehmenden Stadt anders. So gehe es in Sopot (Polen) vor allem ums denkmalgerechte Sanieren. In Prag und Bratislava hingegen stünden in Großwohnsiedlungen viele Wohnungen leer, die jeweils anderen Eigentümern gehörten. Und in Celje (Slowenien) sind die Kosten für die Sanierung so hoch, dass sich private Hauseigentümer diese nicht leisten können.