Versetzung an Gymnasien Versetzung an Gymnasien: Hiobsbotschaft kurz vor Schuljahresende
Halle/MZ. - Das Schreiben vom Schulamt war knapp gefasst: Aus "haushaltsrechtlichen Gründen" wird die Versetzung von Eveline Zenke (Name von der Redaktion geändert) von einer Sekundarschule im Landkreis Wernigerode an ein Gymnasium im Kreis Halberstadt "mit sofortiger Wirkung" zurück genommen. Zu gegebener Zeit erhalte sie weitere Nachricht bezüglich der im Mai ausgesprochenen Versetzungsverfügung. "Für mich war diese Mitteilung kurz vor Ferienbeginn ein Schock", sagt die 35-Jährige. Sie habe sich bereits intensiv auf ihre neue Stelle vorbereitet, auch schon 200 Euro in Bücher für das Gymnasium investiert.
Betroffen von diesen "haushaltsrechtlichen Gründen" ist nicht nur die Lehrerin aus dem Harzkreis. In Sachsen-Anhalt sollen zum Beginn des Schuljahres 2003/04 rund 700 Lehrer, die bisher an Sekundarschulen unterrichten, an Gymnasien wechseln. Das ist nötig, weil ab 21. August die gymnasiale Ausbildung im Land wieder ab Klasse fünf beginnt, mehr Schüler als abgenommen an Gymnasien wechseln und dort Lehrer fehlen.
Qualifiziert mit entsprechendem Hochschulabschluss für das Lehramt Gymnasium sind von den 700 wechselbereiten Pädagogen rund 100. Auch Eveline Zenke gehört dazu. Für den Unterricht an der Sekundarschule hatte sie sich wie viele andere Gymnasiallehrer bereit erklärt, weil damals an Sekundarschule Lehrer fehlten. Und das trotz einer niedrigeren Bezahlung, die nicht ihrer Qualifikation entsprach. Ein Stelle im Gymnasium müsste nun jedoch entsprechend ihrer Qualifikation bezahlt werden.
Nun, kurz vor Schuljahresende, wo die Vorbereitungen für das neue Jahr in vollem Gange sind, hat die Landesregierung den mit der Wechselei verbundenen "Besoldungsaufwuchs" bemerkt und die Versetzungen gestoppt. Nicht berührt davon sind die Lehrer mit Sekundarschulbefähigung. Sie dürfen am Gymnasium nur bis Klasse zehnt unterrichten, mit einem Gehalt wie an der Sekundarschule.
"Das ist ein Stück aus dem Tollhaus", kommentiert Thomas Lippmann, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) den Vorgang. Nicht nur, dass ausgebildete Gymnasiallehrer wegen ihrer Qualifikation doppelt bestraft würden und "sich weiter mit einer rechtswidrigen Eingruppierung" zufrieden geben müssten. Sondern auch, weil nach dem Veto aus der Staatskanzlei für die rund 100 Stellen neue Bewerber gefunden werden müssen. "Beharrt die Landesregierung auf ihrer Entscheidung", so Jürgen Mannke, Landeschef des Philologenverbandes, "dann wird sich die Situation an den Gymnasien nur in den Klassen fünf bis zehn entspannen, für die Kollegen in den Klassen elf bis 13 wird die Belastung größer".
Trotz des Versetzungsstopps sei noch keine endgültige Entscheidung gefallen, hieß es auf Anfrage im Kultusministerium. "Die Haushaltsrelevanz steht auf dem Prüfstand", so Ministeriumssprecherin Brigitte Deckstein, "danach werde eine Ausnahmegenehmigung gestellt". Die Entscheidung in der Sache liege bei der Staatskanzlei.
Eveline Zenke befasst sich derweil mit dem Gedanken, nach Niedersachsen zu wechseln. Dort sind 4114 Lehrerstellen ausgeschrieben - zu Westgehalt. "Ich würde es in dem Alter genau so machen", meint dazu der Leiter eines Gymnasiums im Kreis Quedlinburg. Ihn plagen jedoch andere Sorgen: "Wir bekommen das nächste Schuljahr nicht abgesichert." Der ohnehin herrschende Lehrermangel vor allem in Sprachfächern und Musik würde sich weiter verschärfen. Rainer Schulz, Leiter des Schulamtes Halberstadt, hofft indes, dass es sich beim Versetzungsstopp "nur um eine Formalie handelt".