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Vermisstenfall in Magdeburg Vermisstenfall in Magdeburg: Nach zehn Monaten ohne Spur

Von Katrin Löwe 23.08.2006, 19:58

Magdeburg/MZ. - Hoffnung, dass sich alles doch noch zum Guten wendet? "Die wird immer geringer", sagt Daniel Sachse bedrückt. Seit rund zehn Monaten ist die junge Frau verschwunden, die er aus Kindheitstagen kennt. "Wir sind in einer Straße aufgewachsen", erzählt Sachse. Aufgewachsen in Badeborn, einem Ortsteil von Ballenstedt (Landkreis Quedlinburg).

Beide hat ihr Weg später nach Magdeburg geführt. Anja Hieke, damals 21 Jahre alt, begann dort im August 2005 eine Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin. Sie lebte gemeinsam mit ihrem Ex-Freund, von dem sie sich im April getrennt hatte, in einer Wohnung im Neustädter Feld in Magdeburg. Bis sie im Oktober auf mysteriöse Weise verschwand.

Für Ermittler Martin Knopf von der Magdeburger Kripo ist der Fall Hieke der ungewöhnlichste in seinem Berufsleben. "Wir gehen inzwischen von einem Tötungsdelikt aus", sagt der Kriminalhauptkommissar. Zuletzt gesehen wurde Anja Hieke am 10. Oktober 2005 von ihrem ehemaligen Freund. Er hat ausgesagt, sie am Morgen zum Magdeburger Universitätsplatz gefahren zu haben. Von dort aus wollte sie zu ihrer Ausbildungsstätte. Dort jedoch war die Vermisste zum letzten Mal am 7. Oktober.

Seltsame SMS

Rätsel gibt der Kripo vor allem eine SMS auf, die Tage später von Anjas Handy verschickt wurde. Darin kündigte sie am 15. Oktober an, gemeinsam mit ihrem Freund Robert zu einer Geburtstagsparty am Abend kommen zu wollen. Das Handy ist seitdem ausgeschaltet, bei der Party erschien weder Anja Hieke noch jener Robert, den niemand kennt. "Im gesamten Bekannten- oder Verwandtenkreis gibt es keinen Robert", so Knopf. Einen einzigen Hinweis gab es auf diesen Namen: Angeblich wollte ein Robert der Vermissten einen Kühlschrank abkaufen. Den Mann hat die Polizei bis heute nicht gefunden. Für Knopf ist nicht einmal sicher, ob Anja Hieke selbst die SMS verschickt hat. Von einem neuen Freund, glaubt der Kriminalist zudem, hätte die junge Frau ihren zwei besten Freundinnen berichtet. Hat sie aber nicht.

Dass Anja aus eigenem Entschluss verschwunden sein könnte, glaubt trotz einer angeblich verschwundenen Reisetasche niemand. "Dazu ist sie nicht der Typ", sagt Schulfreund Sachse. Auch das Bild, das sich die Kripo von der jungen Frau gemacht hat, entspricht dem nicht: "Sie ist ruhig, sachlich, neigt nicht zu solchen spontanen Aktionen", sagt Knopf. Auch Anzeichen für einen Suizid fehlen der Polizei.

"XY ungelöst" dreht

Ermittler Knopf setzt nun auf neue Hinweise. Gestern hat das ZDF damit begonnen, den Fall für die Novembersendung der Fahndungsreihe "Aktenzeichen XY ungelöst" zu filmen. Bisher blieb die Suche nach Zeugen ohne Erfolg - ebenso die Plakataktionen, die Daniel Sachse gemeinsam mit Freunden an der Magdeburger Uni gestartet hatte.

Andere Ermittlungsansätze gibt es derzeit nicht. Verwandte, Freunde und Bekannte sind befragt. Das Auto von Anja Hieke wurde ergebnislos auf verdächtige Spuren untersucht, auch auf ihrem Laptop und einem PC fand die Polizei nichts, was sie weitergebracht hätte. Dafür, dass der Ex-Freund mit dem Verschwinden der jungen Frau zu tun haben könnte, gibt es keine Anzeichen, so Knopf. Ihre Handyverbindungen im gefragten Zeitraum sind alle überprüft. Der Versuch herauszufinden, von wo am 15. Oktober die SMS verschickt wurde, ist gescheitert.

"Ich denke, dass ihr etwas Schlimmes passiert ist", sagt Knopf nun. Die Erfahrung lässt ihn nicht mehr an ein positives Ende des Falls glauben. "Darauf musste ich auch die Eltern vorbereiten." Was derzeit bleibt ist die Hoffnung, dass das Verschwinden von Anja Hieke kein ungelöster Fall bleibt.

Derzeit werden in Sachsen-Anhalt 180 Menschen vermisst, einige Fälle stammen noch aus DDR-Zeiten. Zu den bekanntesten Fällen zählt das Verschwinden der damals 13-jährigen Mandy Schmidt aus Halle im April 1998.