Umgang mit der Geschichte Umgang mit der Geschichte: Magdeburg plant Wiederaufbau eines Luisen-Denkmals

Halle/Magdeburg/ddp. - Auch achtzehn Jahre nach der Wendegibt es in Sachsen-Anhalt noch keine einheitlichen Konzepte zumUmgang mit Denkmalen. Während der Grünen-Fraktionsvorsitzende imMagdeburger Stadtrat, Alfred Westphal, die Bedeutung der Luise fürdie Wiederherstellung der Magdeburger Identität anführt, erklärtChristian Hirte, Direktor des halleschen Stadtmuseums: «Nach 1945sind hier zahllose Denkmale der Preußentradition weggekommen. Heutesollte man überlegter vorgehen. Die Zeit der revolutionärenDenkmalsstürze ist vorbei.»
Zum Jahreswechsel war die Ausschreibung für den Abriss desThälmann-Denkmals am Vossplatz veröffentlicht worden. Die Büste desKommunistenführers sollte dem Neubau eines Radwegs weichen. DerKPD-Chef Ernst Thälmann (1886-1944) hatte seinen Wahlkampf um das Amtdes Reichspräsidenten 1925 im «roten Halle» eröffnet. Im Jahr 1981war der Thälmann aus Granit und Porphyr eingeweiht worden.
Die Demontage ist seit Ende Januar vorerst abgewendet, weil dasDezernat von Halles Baubeigeordnetem Thomas Pohlack feststellte, dasDenkmal sei der baulichen Neugestaltung doch nicht im Weg.Ungesichert bleibt seine Zukunft trotzdem. Es steht nicht unterDenkmalschutz, und der hallesche Fachbereich Stadtplanung hat lauteinem Protokoll den Weg für einen Abriss frei gemacht, wenn es die«städtebauliche Neuordnung» erfordere. Dirk Furchert von derStadtverwaltung betont, dass die Diskussion über die Zukunft derumstrittenen Skulptur nun von den Fraktionen im Stadtrat entschiedenwerde. Museumsdirektor Hirte gibt zu bedenken: «Thälmann ist Teil derdeutschen Geschichte in doppelter Hinsicht - als Teil der 20er Jahreund der DDR-Geschichte.»
Unterdessen entsteht im halleschen Stadtteil Kröllwitz dasLuise-Denkmal neu. Die Bildhauer Gebrüder Traub meißeln in ihrerWerkstatt an einer Figur der Preußen-Königin Luise aus weißemCarrara-Marmor. Aufgestellt werden soll sie in naher Zukunft imMagdeburger Geschwister-Scholl-Park. Dort erinnert momentan nur eingestrüppumrankter Sockel daran, dass hier schon einmal eine Luisestand. Als Schutzpatronin der Stadt, die 1807 nach der NiederlagePreußens gegen Frankreich vergeblich versucht hatte, Napoleon dieFestung Magdeburg abzutrotzen, wurde ihr das Monument 1901 errichtet.
1963 wurde es geschleift, aus ideologischen Gründen zwar, nichtaber auf Geheiß der Obrigkeit. Eine Untersuchung des MagdeburgerHistorikers Matthias Tullner ergab, dass der erste örtliche Professorfür Marxismus-Leninismus an der Magdeburger Universität den Abrissveranlasst hatte.
Der Magdeburger Stadtrat erklärte 2004 nach kontroversenDiskussionen mehrheitlich sein Einverständnis mit derWiedererrichtung des Denkmals durch den Verein «MagdeburgischeGesellschaft von 1990», versagte dem Wiederaufbau aber diefinanzielle Unterstützung. Damit liegt das Vorhaben im Prinzip inprivaten Händen.
In Magdeburg führen die Luise-Gegner den Militarismus und dieVereinnahmung Preußens durch die Nazis als Argumente gegen eineWiederherstellung des Denkmals an. Die Widersacher der Thälmann-Büsteweisen darauf hin, dass der KPD-Vorsitzende ein verordneter Held derDDR-Geschichtsschreibung und zudem überzeugter Stalinist gewesen sei.