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Trotz höherer Zuschüsse Trotz höherer Zuschüsse: Warum die Ticketpreise beim MDV weiter steigen

Von Alexander Schierholz 10.12.2019, 01:00
Im Osten Sachsen-Anhalts gelten bald wieder neue Tarife - aber nicht überall. Ein Landkreis geht mit einer kostenlosen Fahrkarte für Schüler eigene Wege.
Im Osten Sachsen-Anhalts gelten bald wieder neue Tarife - aber nicht überall. Ein Landkreis geht mit einer kostenlosen Fahrkarte für Schüler eigene Wege. Bernd Martin

Halle (Saale) - Trotz einer milliardenschweren Förderung des Bundes für den öffentlichen Nahverkehr hält der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV) im Großraum Halle/Leipzig an einem jährlichen Anstieg der Fahrpreise fest. „Wir wollen den Nahverkehr ausbauen, deshalb werden wir weiterhin moderate Tarifanpassungen brauchen“, sagte MDV-Geschäftsführer Steffen Lehmann der MZ.

Der Verbund legt die Ticketpreise in Halle und Leipzig sowie bisher fünf Umlandkreisen fest und steht vor seiner größten Erweiterung: Mit Anhalt-Bitterfeld, Wittenberg und Dessau-Roßlau kommt Mitte Dezember der gesamte Osten Sachsen-Anhalts dazu. Allerdings gelten die neuen Tarife dort vorerst nur im Zugverkehr.

Bund stockt Mittel für ÖPNV deutlich auf - zahlt aber nicht für alles

In seinem Klimapaket hatte der Bund auch die Mittel für den öffentlichen Nahverkehr aufgestockt. So soll unter anderem die Förderung für den Neubau von Straßenbahnstrecken ab 2025 von 330 Millionen Euro jährlich auf zwei Milliarden erhöht werden. Für den Kauf von Bussen mit alternativen Antrieben stehen in den kommenden drei Jahren zusätzlich 480 Millionen Euro bereit. „Der Nahverkehr hat gerade Rückenwind“, sagte Lehmann. Allerdings fördere der Bund ausschließlich Investitionen in neue Trassen oder Fahrzeuge, nicht aber den täglichen Betrieb.

Der Geldbedarf dafür ist nach MDV-Angaben enorm: 2017 kostete der Betrieb der Busse und Bahnen im Verbundgebiet rund 530 Millionen Euro. Aufgrund steigender Kosten etwa für Personal und Energie rechnet der Verbund für das kommende Jahr mit mehr als 600 Millionen Euro. Die Gebietserweiterung um den Osten Sachsen-Anhalts ist da noch nicht eingerechnet. Öffentliche Fördermittel decken nur etwas mehr als die Hälfte der Betriebskosten ab.

Bus und Bahn kosten mehr als Fördermittel abdecken

Der Rest muss durch Ticketeinnahmen erwirtschaftet werden. Ein Beispiel: Ein Kilometer Fahrt eines Überlandbusses schlägt mit drei Euro zu Buche. Das Land übernimmt davon rund 1,70 Euro, der Rest bleibt beim Betreiber hängen. Lehmann hält daher weiterhin einen jährlichen Anstieg der Ticketpreise zwischen 2,5 und 3,5 Prozent für notwendig. Beschließen müssen das die Gesellschafter, also die am Verbund beteiligten Kommunen und Verkehrsbetriebe.

Mit der Verbunderweiterung können ab dem kommenden Sonntag auch Pendler aus den Kreisen Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg sowie aus Dessau-Roßlau ein Ticket für mehrere Verkehrsmittel kaufen - allerdings nur eingeschränkt. Im neuen Gebiet gilt der Verbundtarif nur für Züge, aber nicht für Busse und Straßenbahnen. Für diese müssen wie bisher extra Fahrkarten gelöst werden.

MDV-Tarife gelten  noch nicht überall

Damit der Verbundtarif überall gilt, müssten die Kommunen und die jeweiligen Busbetriebe Gesellschafter im Verbund werden. Das lehnen diese aus Kostengründen bislang aber ab. Den Kreis Anhalt-Bitterfeld etwa würde ein Beitritt zum MDV nach eigenen Angaben jährlich 520.000 Euro kosten. Der Kreis gibt einen Großteil dieser Summe stattdessen nun anderweitig aus: 400.000 Euro pro Jahr fließen in ein kostenloses Ticket für Schüler von Klasse eins bis zehn.

Aus Sicht des Dessauer Umweltbundesamtes (Uba) kann die Verbunderweiterung dazu beitragen, Pendler zum Umsteigen vom Auto auf den Nahverkehr zu bewegen. Angesichts der Einschränkungen ist die Behörde aber auch skeptisch: Studien zeigten, dass die Zugangshürden gerade für Gelegenheitskunden höher seien, wenn es in einem Gebiet verschiedene Tarifsysteme gebe, sagte die Uba-Verkehrsexpertin Katrin Dziekan. In Dessau-Roßlau, Wittenberg und Anhalt-Bitterfeld sei das weiterhin der Fall. (mz)