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Trassenprojekt Südostlink Trassenprojekt Südostlink: Die Spannung steigt: Wo verläuft nun die Stromtrasse?

Von Julius Lukas 18.11.2019, 09:00
Durch die neue Stromtrasse soll Windenergie schneller verteilt werden.
Durch die neue Stromtrasse soll Windenergie schneller verteilt werden. dpa

Stassfurt - Die Kritik am Südostlink beginnt bei Kilometer Null. Starten soll die neue Stromautobahn in Wolmirstedt (Börde). Was dort gebaut werden soll, findet Doris Bunk nicht gut. Sie ist Stadtplanerin in Wolmirstedt und steht Mitte der vergangenen Woche in einem Saal in Staßfurt (Salzlandkreis) am Mikrofon. Die Bundesnetzagentur hat eingeladen, um über den Südostlink und mögliche Streckenverläufe zu diskutieren. Öffentliche Institutionen und Bürger dürfen ihre Einwände äußern und Fragen stellen. Rede und Antwort stehen ihnen neben der Bundesagentur Vertreter von 50 Hertz, jenem Unternehmen, das das Trassenprojekt umsetzen soll.

Stadtplanerin Doris Bunk ist der Konverter ein Dorn im Auge. Der wird gebraucht, um in Wolmirstedt den ankommenden Wechsel- in Gleichstrom umzuwandeln. Und da der Südostlink viel Strom transportieren soll, muss ein XXL-Umwandler in Fabrikgröße gebaut werden. „Wir haben bei uns schon ein großes Umspannwerk, einen Windpark, eine Halde und die A 14 - die Stadt ist bereits massiv optisch beeinträchtigt“, meint Bunk. Doch Bernhard Segbers, Projektleiter bei 50 Hertz, erklärt, dass der Konverter nun einmal gebraucht werde und in Wolmirstedt der benötigte Platz vorhanden sei.

100 Menschen mit Einwänden

Nicht nur Doris Bunk und ihre Stadt wollen die Trasse, die größtenteils unter der Erde verläuft, nicht bei sich haben. Nach Staßfurt sind etwa 100 Menschen aus allen Teilen Sachsen-Anhalts mit Einwänden gegen das Großprojekt gekommen. Gebraucht wird die 527 Kilometer lange Leitung, die im bayerischen Isar endet, um Strom in den Süden zu leiten. Dort wurde die Industrie bisher auch mit vor Ort erzeugtem Atomstrom versorgt. Der fällt jedoch bald weg. Dann darf der Saft aber trotzdem nicht ausgehen.

Die Frage ist nun: Durch welche Gemeinde und vorbei an welchem Vorgärten geht die Stromstraße? Denn das ist längst noch nicht klar. Lange von 50 Hertz favorisiert war eine Variante, die westlich an Halle vorbei führt. Nun allerdings hat ein Vorschlag die Nase vorn, der die Saalestadt östlich umkurvt. „Wir favorisieren diese Variante, weil die Trasse entlang der Autobahnen geführt werden kann“, sagt Jenny Fernández von 50 Hertz.

 Salomon: „Wollen nicht noch mehr Vorhaben bei uns“

An das Pult tritt nun Alf Salomon. Er ist Bauamtsleiter in Kabelsketal (Saalekreis). Führt die Trasse östlich an Halle vorbei, führt sie durch seine Gemeinde. Salomon ärgert das. „Gerade erst wurde eine neue Bahnstrecke durch unsere Kommune gebaut“, sagt er. „Wir wollen nicht noch mehr Vorhaben bei uns.“ Zumal die Trasse die Entwicklung der Gemeinde beeinträchtige. „Wir haben seit der Wende große Gewerbeflächen geschaffen, die jetzt voll laufen“, sagt Salomon. Neuer Platz für Firmen müsse her. Eine Trasse, die Kabelsketal durchkreuze, erschwere aber die Schaffung solcher Gebiete.

Dazu muss man wissen, dass 50 Hertz derzeit sogenannte Korridore angibt, die 1000 Meter breit sind. Die tatsächliche Trasse werde aber in der Bauphase - so betonte es 50 Hertz in Staßfurt mehrfach - maximal 45 Meter und am Ende noch 20 Meter breit sein. Dieser 20-Meter-Schutzstreifen darf dann nicht bebaut werden. „Etwaige Gewerbegebiete werden wir in der Feinplanung natürlich berücksichtigen“, verspricht das Unternehmen.

Auch Frank Burger sorgt sich um die Entwicklung seiner Gemeinde. Er ist Mitglied der Bürgerinitiative Lützen (Burgenlandkreis) und findet, dass die Region wegen des Ausstiegs aus der Kohleverstromung ohnehin schon gebeutelt sei.

Burger ist zudem unklar, wie die Trasse durch bestimmte Engpässe geführt werden soll. „Es gibt bei uns Abschnitte, da ist nur ein Streifen von 200 Metern zwischen den Häusern frei“, sagt

er. Die üblichen Abstände von 450 Metern zu Wohnbebauung könnten da gar nicht eingehalten werden. Bei 50 Hertz sieht man das anders. Wie Bernhard Segbers sagt, gelte der 450 Meter-Abstand nur bei oberirdischen Leitungen. „Für Erdkabel hingegen gibt es gar keine Abstandsforderung.“

Dass der Südostlink unter der Oberfläche verlaufen soll, ist eine politische Entscheidung. Und auch die gefällt nicht allen. Die Landwirtschaft etwa spricht sich für möglichst viele oberirdische Leitungen aus - die gibt es aber nur in Ausnahmefällen. „Bei der Verlegung der Erdkabel wird die Bodenstruktur zerstört und wir wissen auch noch längst nicht, welche Auswirkungen die Leitungen unter der Erde habe“, sagt Susanne Brandt vom Bauernverband Salzland. Das allerdings, sagt 50 Hertz-Sprecher Axel Happe, werde gerade innerhalb eines Forschungsprojektes an der Uni Halle untersucht.

Wird die Trasse bis 2025 fertig?

Auch die Ergebnisse dieses Versuches werden schließlich in die finale Streckenführung der Trasse einfließen, die laut aktueller Planung bis 2025 fertig sein soll. Über die genaue Streckenführung muss die Bundesnetzagentur entscheiden. Anfang nächsten Jahres soll das geschehen.

Einbezogen werden dann auch die Einwände, die in Staßfurt geäußert wurden. Und zumindest für Wolmirstedt und den XXL-Konverter gibt es bereits einen Lösungsansatz. Stadtplanerin Doris Bunk schlägt am Ende ihrer Rede einen Architektenwettbewerb für das Gebäude vor. „Wir werden prüfen, ob das geht“, sagt Bernhard Segbers von 50 Hertz. Versprechen wolle er aber nichts.  (mz)

Protest gegen Süd-Ost-Link: Ein Plakat mit der Aufschrift Nein zur Giga Watt Trasse an einer Straße.
Protest gegen Süd-Ost-Link: Ein Plakat mit der Aufschrift Nein zur Giga Watt Trasse an einer Straße.
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