Tourismus Tourismus: Der Traum vom großen Seenland
Markkleeberg/MZ. - Wenn Christian Conrad am Ruder des Ausflugsschiffes "MS Neuseenland" steht und dann seine Blicke über den Cospudener See schweifen lässt, hat er Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit direkt vor Augen. "Viele Grundstücke hier am Ufer wurden einem kurz nach der Wende sogar hinterhergeschmissen", berichtet er. Damals, als der frühere Tagebau geschlossen war und es keine Perspektiven für das Areal gab. "Heute wohnt man dort teurer als in der City von Leipzig."
"Den Wandel zeigen" hieß 1999 das Motto, mit dem im Großraum Leipzig Korrespondenz-Regionen für die Weltausstellung "Expo" in Hannover gesucht wurden. "Wir haben uns damals mit einer Gruppe von Idealisten beworben und letztlich den Zuschlag erhalten", erinnert sich Conrad, der heute als Geschäftsführer der Firma "Pier 1" den See mit Hafen, Bootsfahrten, Sauna, Restaurant und mehreren Läden vermarktet. Dass er mit seinen Mitstreitern im Schatten der Großstadt eine lukrative Marktlücke gefunden hatte, wurde schnell klar. "Wir hatten schnell 500 000 Gäste jährlich." Doch Conrad träumt bereits von dem Moment, an dem in einigen Jahren auch die jetzt begonnene Flutung des angrenzenden Zwenkauer Sees abgeschlossen sein wird. "Dann könnten wir die Orte am Ufer mit Fähren direkt verbinden und so unser Angebot weiter ausweiten."
Ein Ausbau der Mitteldeutschen Seenlandschaft, möglichst unter Einbeziehung der großen Städte, schwebt derweil auch dem Leipziger Regierungspräsidenten Christian Steinbach (CDU) vor. Um das zu erreichen, müsse aber das Marketing für die bisher oft noch unbekannte Seenlandschaft verbessert werden, fordert Steinbach. Nicht zuletzt aus dem Grund stellte er in Leipzig kürzlich den ersten "Mitteldeutschen Seenkatalog" mit Angaben zu 42 Seen in Sachsen-Anhalt und Sachsen vor. "Am besten können wir die Seen allerdings in Verbindung mit dem kulturellen Angebot in Städten wie Leipzig, Wittenberg oder Halle bekannt machen."
Das bestätigt auch Ursula Schild, Sprecherin der Investitions- und Marketinggesellschaft (IMG) aus Sachsen-Anhalt. "Wir haben hier schon heute enorme Wasserflächen, die eingebettet sind in eine Kulturlandschaft." Das Potential müsse künftig in beiden Ländern erkannt und gemeinsam genutzt werden. "An Landesgrenzen hört das Wasser ja nicht einfach auf." Manchmal aber offenbar die Kommunikation. So möchte sich das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt in Halle momentan auch nicht zu dem gemeinsamen Projekt mit den sächsischen Kollegen äußern.
"In diesem Punkt gib es leider einige Defizite", räumt Regierungspräsident Steinbach ein. Deshalb müsse neben der Außendarstellung des Projektes auch die Kommunikation der Akteure vor Ort verbessert werden, sagt er. Das bestätigt auch "Pier 1"-Geschäftsführer Christian Conrad, der neulich an der Zufahrt zum Hafen eine Werbetafel der Bitterfelder Goitzsche entdeckte. Einige hätten eben noch immer nicht erkannt, dass man miteinander anstatt gegeneinander arbeiten muss.
"Es gibt noch viel, was die Akteure trennt", sagt Conrad. Dabei denkt der Geschäftsmann nicht bloß an Landesgrenzen, sondern auch an die Struktur der Betreiber. Conrad setzt ganz klar auf private Investoren. "Die stimmen meist im Vorfeld ihre Konzepte ab, kooperieren und suchen stets nach Angeboten, die später den Gästen und Urlaubern auch gefallen", erzählt er von seinen bisherigen Erfahrungen. "Ich stimme mich viel lieber mit einem anderen Investoren ab als mit einem Bürgermeister."
Auch die Suche nach einem künftigen Namen für das länderübergreifende Projekt - die Leipziger Seen werben derzeit als "Leipziger Neuseenland" für sich - hält Conrad für wenig gewinnbringend. "Statt bloß nach einen Namen zu suchen, sollten die Politiker sich stärker als zentraler Dienstleister für Investoren verstehen", betont Conrad, als er nach einer knappen Stunde mit der MS "Neuseenland" wieder den Hafen ansteuert und dort die nächsten Ausflugsgäste auf seinem Schiff in Empfang nimmt.
Infos im Internet:
www-mitteldeutscheseenlandschaft.de