Tiere Tiere: Mit GPS auf der Flucht vor dem Wolf

Dresden/ddp. - Diplom-Forstingenieur Mark Nitzebetreut das bereits 2007 initiierte und zunächst bis Ende 2010angelegte Forschungsprojekt an der TU Dresden. Ziel ist es, dasVerhalten der Wildtiere im Wolfsgebiet zu untersuchen und dazuwissenschaftliche Daten zu erfassen. Bisher ist noch sehr wenigdarüber bekannt. Dennoch gibt es immer wieder teils verhärteteDiskussionen und Theorien, wie stark der Wolf das Verhalten des Wildsbeeinflusst.
Um dem Wild einen Sender zu verpassen, muss sich Nitze auf etwa 15Meter an das Tier heranpirschen und es dann mit Hilfe einesNarkosegewehrs betäuben. Derzeit sind in der Wolfsregion Lausitz achtTiere und in der als wolfsfrei geltenden Königsbrücker Heide einRotwild mit Sendern unterwegs. Geplant ist eine Zahl von 20 Hirschenund Hirschkühen. Dabei gibt es zwei Systeme. Bei derSatellitentelemetrie werden die Ortungsdaten gesammelt und über dasFunknetz per SMS an die Bodenstation gesendet. Nitze erhält dann eineE-Mail mit den Informationen, wo sich sein Rotwild aufhält.
Einfach erklärt: «Wenn das Handynetz zur Verfügung steht, ruft dasTier quasi zu Hause an.» Die Datenübertragung sei vergleichbar mitunterschiedlichen Telefonnummern oder einer SIM-Karte imMobiltelefon, sagt Nitze. Jedes Tier ist einzeln identifizierbar.Wenn sich das Wild im Funkloch bewegt, bleiben die Daten solangegespeichert, bis es wieder einen Funkkontakt gibt.
Bei einer anderen Methode wird mit einem terrestrischen Sendergearbeitet. Um an diese Daten zu gelangen, muss Nitze allerdings demWild sozusagen hinterherfahren und es mit einer Hand-Antenne orten.Die Sender, die die Wildtiere tragen, wiegen zwischen 400 bis 900Gramm, was nach Einschätzung des Experten eigentlich «kein Gewichtfür Hirsche und Hirschkühe» ist. «Knallgelb» sind die Halsbänder,damit sie auch von Jägern gesehen und die Tiere nicht geschossenwerden. Die Wölfe registrierten die Signalfarbe der Halsbänder indesoffenbar nicht, zumindest wurde noch kein Tier mit Sender gefressen.
Derzeit ist Nitze dabei erste, umfangreiche Daten auszuwerten.Einige Tiere sind nun bereits ein Jahr mit einem Sender unterwegs, sodass sich anhand der Daten ein Jahreszyklus erstellen lässt, wie ersagt. Pro Tier müssten teilweise mehr als 10 000 Daten oderOrtungspunkte ausgewertet werden. Bei einigen Tieren seien auchFluchtreaktionen erkennbar, was auf den Wolf zurückzuführen seinkönnte. Ansonsten sei das Rotwild mit Sender allerdings in seinemStreifgebiet geblieben und nicht abgewandert.
Die Kosten des Projekts in Höhe von 146 000 Euro werden ausMitteln der Jagdabgabe, einem pauschalen Jahresbeitrag der rund 10000 Jäger in Sachsen, finanziert.
Unabhängig von dem Rotwild-Projekt und mit anderer Zielrichtunggibt es in Sachsen eine weitere Untersuchung mit Sendern im Auftragdes Bundesamts für Naturschutz. Dazu wurden drei Wölfe mitGPS-Sendern ausgestattet, von denen einer, Alan genannt, bereits diepolnische Grenze überschritten hat und nach Weißrussland abgewandertist. Die anderen beiden Wölfe mit Sendern halten sich dagegen nachwie vor in der Lausitz auf. Erforscht wird bei diesem Projekt dieAbwanderung von Wölfen, die üblicherweise im Alter von ein bis zweiJahren das Revier der Eltern verlassen.
In der Oberlausitz wurden 1998 die ersten Wölfe gesichtet. Derzeitleben nach Angaben des Umweltministeriums in Sachsen 40 bis 45 Wölfein fünf Rudeln. Seit 2000 sind in der Oberlausitz mehr als 80Wolfswelpen geboren worden, von denen aber viele abwanderten undeinige starben. Wie viel Wolfsnachwuchs es aktuell in Sachsen gibt,wird nach Angaben des Kontaktbüros Wolfsregion Lausitz erst ineinigen Wochen feststellbar sein.