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«Sturm 34»-Prozess «Sturm 34»-Prozess: Neonazis kommen nicht ins Gefängnis

Von Antonia Lange 13.04.2011, 15:01
Der Angeklagte Marco C. hält sich am 8. März 2011 zu Beginn des Prozesses im Landgericht in Dresden eine Broschüre vor das Gesicht. Den fünf Mitglieder der verbotenen Neonazi-Gruppe «Sturm 34» wird Bildung einer kriminellen Vereinigung und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. (FOTO: DPA)
Der Angeklagte Marco C. hält sich am 8. März 2011 zu Beginn des Prozesses im Landgericht in Dresden eine Broschüre vor das Gesicht. Den fünf Mitglieder der verbotenen Neonazi-Gruppe «Sturm 34» wird Bildung einer kriminellen Vereinigung und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Dresden/dpa. - Nach Ansicht des Gerichts standen sie«intellektuell und sozial im Schatten des Lebens»: Fünf Mitgliederder verbotenen Neonazi-Gruppe «Sturm 34» sind am Mittwoch vomLandgericht Dresden zu Bewährungs- und Geldstrafen verurteiltworden. Die Richter befanden alle Männer wegen Bildung einerkriminellen Vereinigung und zumeist auch wegen gefährlicherKörperverletzung für schuldig.

Drei Angeklagte wurden zu jeweils anderthalb Jahren, einem Jahrund acht Monaten sowie einem Jahr und elf Monaten Haft auf Bewährungverurteilt. Zwei weitere Angeklagte müssen Geldstrafen zahlen und Sozialarbeit leisten. Die rechtsextreme Gruppe aus Mittweida hatte2006 mehrere brutale Überfälle auf Andersdenkende begangen. Von«Tritten wie beim Fußball» und mit Sand gefüllten Schlaghandschuhenist in der Anklageschrift die Rede.

Bereits 2008 war fünf Mitgliedern aus der Führungsebene von«Sturm 34» wegen derselben Vorwürfe der Prozess gemacht worden.Damals wies das Landgericht den Hauptanklagepunkt der Bildung einerkriminellen Vereinigung noch ab. Nach einem Urteil desBundesgerichtshofs (BGH) legten die Richter damals jedoch falscheMaßstäbe an - der Prozess muss demnächst neu aufgerollt werden. Nachder aktuellen Einstufung der Kameradschaft als kriminelleVereinigung drohen jetzt den damals Angeklagten höhere Strafen. AufMitgliedschaft in einer solchen Vereinigung stehen bis zu fünf JahreHaft.

Grund für verhältnismäßig milde Urteil im aktuellen Prozess amMittwoch war ein Deal mit den Rechtsextremen. Das Gericht hatteihnen im Falle frühzeitiger Geständnisse Strafobergrenzen von zweiJahren Haft auf Bewährung zugesichert. Darauf waren die Angeklagten(23 bis 31 Jahre) eingegangen. Rechtsmittel gegen das Urteil sindtrotzdem zugelassen.

Das Gericht stufte die Kameradschaft unter anderem wegen ihrerfesten Organisation als kriminelle Vereinigung ein. Sie habe einenpersonellen harten Kern, einen Gruppennamen und Institutionen wieSkinhead-Kontrollrunden gehabt und sei bei Straftaten zielgerichtetvorgegangen. Die Mitglieder hatten nach Ansicht des Gerichts«außenpolitische Weltherrschaftsvorstellungen» und «erkennbareFreude am gemeinschaftlichen Zeigen des Hitlergrußes». Dierechtsextreme Gruppe war 2007 vom sächsischen Innenministeriumverboten worden.

Die jungen Männer seien zwar keine «intellektuellen Überflieger»gewesen, hätten aber trotz ihrer geringen Schulbildung sehr wohlgewusst, was den Nationalsozialismus ausgemacht habe, urteilte derVorsitzende Richter. «So dumm kann man nicht sein.»