Streifenfahrt Streifenfahrt: Auf Drogenjagd im Doppelpack
Braunsbedra/Leiha/MZ. - Man kennt sich. Schon von weitem hört Raimund Latzel den tiefer gelegten Golf die Straße herab schießen. "Schade", murmelt der 40-Jährige, als das aufgemotzte Gefährt mit fünf jungen Männern besetzt am Kontrollpunkt vorbeidonnert. Aber nicht schnell genug, um dem Polizeihauptkommissar einen Blick auf das Kennzeichen zu verwehren. Spätestens jetzt weiß der Beamte, dass er sich auf seine Ohren verlassen kann: "Das wäre ein Kandidat gewesen."
Wäre, hätte, könnte. Glück und Zufall bestimmen Latzels Nachtschicht. Weil er allein mit Kerstin Pfrepper Dienst schiebt, kann der auf das Aufspüren von Alkohol- und Drogensündern spezialisierte Verkehrsexperte immer nur ein Auto von der Leihaer Kreuzung winken. Eigensicherung heißt das im Polizeideutsch. Nach der Reihe von Zwischenfällen, bei denen in den vergangenen Jahren auf Deutschlands Straßen wiederholt Beamte bei Verkehrskontrollen ums Leben gekommen sind, soll so das Risiko minimiert werden.
Und so fahren auch in dieser Nacht immer dann "die Pappenheimer" an Latzel und Oberkommissarin Pfrepper vorbei, wenn die beiden
gerade gesetzestreue Hochzeitsgäste oder Musiker kontrollieren. Leute, die wissen, was ihnen der Führerschein wert ist. "Danke, alles bestens, angenehme Weiterfahrt", heißt es nach einem Blick in die Papiere und in die Augen der Frauen und Männer am Steuer.
Die Taschenlampe gehört nicht nur zu den wichtigsten Arbeitsutensilien, weil es hier - an einem der Hauptschleichwege zwischen der Braunsbedraer Großdiskothek "Schildkröte" und dem Umland - trotz Vollmondes ziemlich duster ist. Ein kurzer Strahl in die Pupille reicht, um zu sehen, ob ein Fahrer erst vor kurzem Verbotenes geschluckt, geraucht oder gespritzt hat. "Erst wenn das Auge nicht reagiert, bitten wir zum Test", so Kerstin Pfrepper. Die neuen Test-Geräte kosteten immerhin zehn Euro.
Doch zum Ernstfall kommt es selten. Noch seltener wie in jener Samstagnacht Anfang Mai, als die Polizeidirektion Merseburg zur Großoffensive gegen die Drogenfahrer geblasen hatte. Allein, um Zu- und Abfahrten der "Schildkröte" weitgehend abzuriegeln, waren damals sechs Einsatzfahrzeuge nötig. Mehr als ein halbes Dutzend motorisierte Nachtschwärmer hatten als Rauschmittelkonsumenten überführt werden können. Andere, die über Handy vor der Polizei gewarnt werden konnten, harrten so lange auf dem Parkplatz des beliebten Jugendtreffs aus, bis die Beamten wieder abrückten.
Kommunikation ist alles. Nicht nur unter den Polizisten. Ist ein Kontrollpunkt erst einmal eingerichtet, verbreitet sich die Nachricht wie Ziegenpeter im Kindergarten. Die Stelle wird dann tunlichst gemieden. Auch der tiefer gelegte Golf wird in dieser Nacht nicht noch einmal durch Leiha donnern.