Straßenverkehr Straßenverkehr: Ordnungsamt in Jessen lässt Blitzer bei Kontrolle abblitzen
Jessen/MZ. - Haben Mitarbeiter einer KreisverwaltungSonderrechte bei der Tempokontrolle von Autos?Dürfen sie mit ihrem Wagen auf der falschenStraßenseite - also entgegengesetzt zur Fahrtrichtung- stehen? Um diese Fragen wird in Jessen heftiggerungen.
Der Annaburger Rainer Schatz,der als Kurierfahrer oft die Alte WittenbergerStraße in Jessen passiert, brachte die Sacheins Rollen. Er traf das "mobile Blitzkommando"des Landkreises Wittenberg regelmäßig in derTempo-30-Zone an - in einer Parkbucht entgegengesetztzur Fahrtrichtung stehend. Ihn ärgerte diesesvermeintlich unrechtmäßige Verhalten. Er erstatteteAnzeige beim Jessener Ordnungsamt. Ein Mitarbeitersah sich das Ganze vor Ort an und schriebein Knöllchen wegen Falschparkens. Weil dieBesatzung des Pkw, in dem das Blitzgerät installiertist, die Ordnungswidrigkeit nicht anerkennenwollte, wurde sogar die Polizei hinzugeholt.
Haben Mitarbeiter der Kreisverwaltung Sonderrechte,wenn sie mit ihrem mobilen "Blitzgerät" Ausschaunach Temposündern halten und dabei entgegengesetztzur Fahrtrichtung stehen? "Das Fahrzeug hätteordnungsgemäß auf der anderen Straßenseitein einer Parktasche die Aufgabe genauso erfüllenkönnen", meint Rainer Schatz. Und er verweistauf die Anwohner, die zu Recht, wie er meint,mit Argusaugen verfolgen, wie sich Mitarbeiterder Kreisverwaltung verhalten. "Unsere Ämtersollten Vorbild sein", sagt Schatz. "Die Straßenverkehrsordnungist für alle bindend", erklärt auch Hans-JoachimSchneider, Leiter des Jessener Ordnungsamtes.Er spricht von einem moralischen Schaden,der durch das Verhalten der Landkreismitarbeiterentstehe. Eine Antwort aus der Dessauer Polizeidirektionstützt die Jessener Position: Sogar die Polizeihabe nur dann Sonderrechte, wenn sie mit Blaulichtund Martinshorn im Einsatz ist.
Die Kreisverwaltung sieht das anders. "Wirhalten unser Vorgehen für gesetzlich gedeckt",sagt Pressesprecher Ronald Gauert. Er bedauertzwar den Streit, aber der Kreis werde wohlin der Sache hart bleiben. Sollte nicht gezahltwerden, droht ein Rechtsstreit. Gauert: "Warumsoll nicht ein Gericht prüfen, was rechtensist?"
Rückendeckung für den Kreis gibt es vom ADAC.Während einer Tempokontrolle habe der RadarwagenSonderrechte, sagt Jochen Oesterle, der beidem Verkehrsclub in München für Rechtsfragenzuständige Sprecher. Denn die Überwachungdes Verkehrs sei eine hoheitliche Aufgabe.Erst wenn die Kreismitarbeiter ihr Auto verließen,läge ordnungswidriges Parken vor.