Strafe Strafe: Weckruf von der Polizei
Halle (Saale)/MZ. - Meist schlafen die Schüler noch, wenn Ordnungsamt und Polizei an der Türe klingeln. "Was soll ich machen, ich habe ja geweckt", sagen dann viele der Eltern, wenn sie auch zu Hause sind. Nach dem speziellen Weckruf der Beamten indes habe es noch keinen Schüler gegeben, der nicht aufgestanden wäre, erzählt Hannelore Junghans, die im Ordnungsamt des Burgenlandkreises seit Jahren die Meldungen über häufig unentschuldigt fehlende Schüler bearbeitet. Und eben auch dabei ist, wenn Dauerbummler mit einer "polizeilichen Zwangszuführung" zur Schule gebracht werden. "Wir warten dann erst einmal, bis die Morgentoilette erledigt und ein Pausenbrot geschmiert ist", sagt sie. Danach geht es in die Schule, die vorher informiert wurde. "Bei manchen fruchtet solch eine Maßnahme, bei anderen leider nicht."
Die aktuellen Zahlen zum Schuleschwänzen im Kreis findet sie "erschreckend": Denn unter den bisher 175 Meldungen sind auch 14, die Grundschüler betreffen - "bereits jetzt doppelt so viele wie im vergangenen Schuljahr". Kaum weniger Besorgnis erregend ist die Tatsache, dass Schulpflichtverletzungen wieder zugenommen haben. Mehr als 3 900 Mal wurden deshalb im vorigen Schuljahr in Sachsen-Anhalt Bußgelder verhängt. Die Schulpflicht beträgt laut Landesgesetz zwölf Jahre. Wer die Schule früher verlässt, muss eine Ausbildung absolvieren beziehungsweise eine berufsbildende Schule besuchen.
Berufsschüler schwänzen öfter
Und dort, in den Berufsschulen, ist die Schulbummelei mit mehr als 50 Prozent der Fälle mit Abstand am verbreitetsten. Meist wird nach Angaben des Magdeburger Kultusministeriums während Berufsvorbereitungs- oder Berufsgrundbildungsjahren geschwänzt. An zweiter Stelle in Sachen Schulbummelei stehen die Sekundarschulen.
Meist muss es dann aber nicht zu Zwangszuführungen kommen. "Bevor wir aktiv werden, wurde bereits einiges versucht: Die Schule hat einen ,blauen Brief' an die Eltern geschickt, Lehrer haben Hausbesuche gemacht und mit den Eltern Gespräche geführt", erklärt Rudi Gollmann, der das Ordnungsamt im Burgenlandkreis leitet. Wird die Schule dann weiter geschwänzt, schickt das Amt einen Bußgeldbescheid heraus. "Die Höhe richtet sich nach den unentschuldigten Fehltagen", so Hannelore Junghans. Bei Kindern unter 14 Jahren müssen die Eltern zahlen. Jene ab 14 Jahren werden selbst belangt - "sie können den Betrag auch durch gemeinnützige Arbeit ableisten, wenn das zuständige Amtsgericht dies bewilligt". Das wird von den Schülern sehr häufig genutzt, heißt es in der Stadt Halle. Dort hat sich die Zahl der gemeldeten Schulpflichtverletzungen seit 2006 mehr als verdoppelt. Grundsätzlich könne eine Geldbuße von fünf bis 1 000 Euro festgesetzt werden, so Sprecherin Ria Steppan. Bei Erstverstößen würden maximal 100 Euro erhoben.
Von "null Bock" bis Mobbing
Doch wie kommt es überhaupt dazu, dass Schüler zu Schwänzern werden? Die Gründe sind vielfältig, sagt Hannelore Junghans: Sie reichten von Desinteresse und Null-Bock-Stimmung bis hin zu einer Perspektivlosigkeit der Schüler. Doch auch Mobbing sei ein großes Problem. Das zuständige Fachreferat im Kultusministerium betont, dass die Ursachen für Schulverweigerung laut Studien größtenteils nicht in der Schule selbst liegen: "Meist liegen sie originär im sozialen Umfeld, sehr oft in der jeweiligen familiären Situation."