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Sommer Sommer: Regen, Regen, Regen

Von RALF BÖHME 19.07.2012, 19:43

Halle (Saale)/MZ. - Ach, wie hat es die Sonne heute wieder schwer. Ein Schauer jagt den anderen. Hochsommer sieht wirklich anders aus. Dennoch: Annett, Sabrina und Jeanette zieht es ins Freibad. Das Trio aus Halle-Neustadt will sich anmelden. Es geht um die Wahl der "Miss Heidebad". Am 4. August steigt die Party. "Selbst wenn es an diesem Tag schneit", garantiert Gastgeber Matthias Nobel. Der Pächter des beliebten Ausflugsziels hat seine ganz spezielle Art, mit dem Sommer umzugehen, der eigentlich keiner ist. Jammern jedenfalls ist nicht Sache des Geschäftsmannes. Vielmehr schreitet der 33-Jährige auch bei Nieselregen und Temperaturen weit unter der 20-Grad-Marke zur Tat.

Wahl der "Miss Heidebad"

"Schönes Wetter beginnt im Kopf", sagt er. Und deshalb bastelt der Unternehmer mit Vereinen und Sponsoren an einem Programm, das ihm und seinen Gästen über trübe Tage hinweghilft. Die Wahl der "Miss Heidebad" ist dabei nur ein kleiner, aber wichtiger Baustein. Das Ereignis, immerhin der erste Schritt zur Miss-Germany-Wahl, könnte ein weiteres Zugpferd im Jahresprogramm des Heidebades werden, hofft der Pächter.

Dabei lässt sich Matthias Nobel schon jetzt einiges einfallen - nicht nur im Sommer. Winterbaden am Neujahrstag, Anbaden am 1. April, Saisonschluss am 15. Oktober und ein Weihnachtsmarkt mit Streichelzoo - länger hält kein Freibad seine Tore offen. Skeptiker und Zweifler überzeugt der 33-Jährige mit Zahlen: Auch in diesem verregneten Sommer kommen im Schnitt 160 Besucher - täglich. Seit kurzem ist das Bad sogar Start und Ziel der traditionellen Heidelaufserie mit teils bis zu 500 Startern. Viele der Läufer machen hinterher einen Abstecher ins Bad, um sich dort zu erfrischen und zu stärken. So schlägt Nobel Petrus, der ihm das Geschäft verhageln will, wieder einmal ein Schnippchen.

Dabei will Nobel kein Tausendsassa sein. Seinem Konzept, sagt er, liege nur eine uralte Erfahrung von Freibad-Betreibern zugrunde: Wasser und Luft allein reichen nicht für das Überleben. Nur mit zusätzlichen Angeboten, die alle - vom Kleinkind bis zum Rentner - ansprechen, komme ein Bad wirtschaftlich über die Runden. Doch selbst dann gibt es Durststrecken, räumt Kompagnon Matthias Merker ein. "Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Badegäste um 50 Prozent eingebrochen." An manchen Tagen lohne es auch am Heidesee kaum, das Eintrittsgeld zu zählen. Doch die Preise hochzusetzen oder tatenlos auf das Ende des schlechten Wetters zu warten, das seien keine Alternativen. So würde man endgültig in die roten Zahlen abrutschen, sagt Merker. "Also gehen wir auf die Leute zu", so der 36-Jährige.

Als hilfreich erweist sich dabei der jährliche Rundbrief an Schulen und Kindergärten, erklärt der Werbefachmann. Darin werden auf die jeweiligen Altersgruppen zugeschnittene Angebote unterbreitet. Und das kommt an. Eine bunte Zeichnung an der Büro-Wand belegt es auf ihre Weise. Man sieht einen Igel in Orange, der über knallgrüne Eichenblatter tippelt und auf den spitzen Stacheln große Buchstaben trägt - Danke. Absender sind die "Stammgäste" aus der Kindertagesstätte "August Herrmann Francke". Auch die Integrierte Gesamtschule Halle ist mit dem Heidebad zufrieden. Sie findet keinen besseren Ort für ihren Triathlon: 400 Schüler treten kräftig in die Pedale, rennen um den Heidesee und schwimmen um die Wette.

Und weil nach dem sportlichen Kräftemessen beim Grillmeister und der Frau im Kiosk die Leute Schlange stehen, kommt auch das Heidebad auf seine Kosten. Vor der Ankunft der 240 Mädchen und Jungen der halleschen Heinrich-Heine-Schule haben auch Nobel und Merker alle Hände voll zu tun. Da werden Bälle für die Ausleihe zurechtgelegt, Bänke zu Sitzgruppen zusammengerückt, erfolgen Absprachen mit dem Team vom benachbarten Kletterwald. Über die Kinder erreicht das Duo die Erwachsenen, selbst die Inhaber namhafter Firmen. Unter dem Motto "Mal was anderes" richtet das Freibad auch Betriebsfeste für Gastronomen aus. Hausmannskost mit dem gewissen Pfiff könne sogar Gourmets "betören", so steht es im Gästebuch.

Da fragen Kochprofis die Kochamateure nach dem Salatrezept. Wen wundert es, wenn Ende August auch ein IT-Branchenprimus das Bad samt Service einen Abend lang mietet. Das sind immerhin 400 Besucher auf einen Schlag. "Das lohnt sich natürlich auch für uns", freuen sich die Gastgeber.

Eintritt frei heißt es dagegen bei der Karibischen Nacht, die im Wechsel mit der Griechischen Nacht über die Bühne geht. "Das sind schon echte Volksfeste, letztes Mal mit 2 500 Gästen", erzählt Nobel. Auch ein Anglerfest finden mittlerweile im Heidebad statt. Mit jeder Veranstaltung verringert sich das finanzielle Risiko. Wenn gute Stimmung herrsche und die Preise fair blieben, kämen viele Leute auch bei schlechtem Wetter. "Dann bleibt man auch nicht auf Vorräten sitzen", sagt Märker.

Bestellung auf Zuruf

Mit flexiblen Verträgen, ob mit den Rettungsschwimmern vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) oder mit Lieferanten, fahre man am besten. "Würstchen beispielsweise werden auf Zuruf von der Hausschlachterei geliefert." Ob die Rechnung in diesem Jahr tatsächlich aufgeht, muss sich aber erst zeigen. Denn auch diese Saison gilt: Abgerechnet wird am Schluss.