Zuckerbusch-Biotop bei Frose Zuckerbusch-Biotop bei Frose: Ist hier Gülle im Graben?

Frose - Uwe Nielitz ist ganz aufgewühlt. Das Wasser im Hauptseegraben, das nur wenige Meter am Froser Zuckerbusch-Biotop vorbeifließt und am Ende im Concordia See landet, ist bräunlich-grün verfärbt. Mit dicken dunklen Ablagerungen, die oben auf den Fluten schwimmen und sich an Engpässen stauen.
Der Ornithologe, der ehrenamtlich für den Naturschutzbund tätig ist, vermutet, dass Gülle in den Graben hineingelangt ist.
Wasserbehörde gibt Entwarnung
Deshalb hat er die Untere Wasserbehörde informiert. Die gibt Entwarnung. „Zwei Mitarbeiter haben eine Ortsbesichtigung dieses Bereiches durchgeführt“, gibt Alexandra Koch, die Pressesprecherin des zuständigen Salzlandkreises, Auskunft.
„Dabei konnte keine Einleitung von Gülle in den Hauptseegraben festgestellt werden.“ Das Wasser habe eine bräunliche Färbung aufgewiesen. „Die ist aber auf die Untergrundverhältnisse im Bereich der Seeländereien zwischen Aschersleben und Frose zurückzuführen.“
Vorher war es superklares Wasser
Eine Antwort, mit der Nielitz aber nicht mitgehen kann. „Vorher war im Graben superklares Wasser“, sagt er und zeigt einige Fotos. Auch er weiß, dass der Hauptseegraben eine leichte rötliche Verfärbung hat - bedingt durch Eisenverbindungen.
„Das, was dort zurzeit drin ist, hat damit aber nichts zu tun“, sagt der Nabu-Mitarbeiter kopfschüttelnd.
Für ihn ist der Umweltschutz im Feuchtbiotop ohnehin ein heikles Thema. Erst vor kurzem hatte er entdeckt, dass ein Holzdieb im Zuckerbusch gewütet hatte.
Die großen knorrigen Bäume, die der Mittelpunkt des ungewöhnlich wertvollen Biotopes waren und seltenen Vögeln als Rast- und Schlafplatz oder als Jagdansitz dienten, sind dabei gefällt worden.
Inzwischen gibt es eine Einigung mit dem Verursacher
Eine Einigung mit dem Verursacher, der sich nach der MZ-Berichterstattung freiwillig gemeldet hatte, gibt es inzwischen, informiert Roland Tischbier von der Stiftung Pro Artenvielfalt. Ihr gehört das Kerngebiet des Biotopes und damit vor allem der Zuckerbusch.
„Es soll Ausgleichspflanzungen geben - auf zwei kleinen Grundstücken, die in den Seeländereien liegen“, berichtet Tischbier. Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung spricht von Eichen. „Das sind schon richtige Bäume, keine kleinen Spargel.“
Damit sei eine Lösung gefunden worden, mit der er leben könne. „Eine Lösung, die mittel- und langfristig dem Naturhaushalt dienen wird - und eine Wiedergutmachung ist für das, was jetzt unmittelbar fehlt: die Sitz- und Jagdplätze der Vögel.“
Unreines Wasser beeinflusst nur bedingt
Ob auch eine eventuelle Gülleverschmutzung dem Biotop zusetzen könnte? Nicht direkt, meint Roland Tischbier, der um den Konflikt zwischen intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen und Naturschutzbereichen weiß.
„Aber unreines Wasser im Hauptseegraben würde das Biotop nur bedingt tangieren, das Wasser wird ja abgeführt.“
Die durch die Vernässung geplanten Arbeiten am Hauptseegraben selbst seien der Stiftung aber schon wichtig. „Deshalb haben wir dort ja das Land gekauft, damit wir da mitreden können“, meint Tischbier. „Man kann das nämlich technisch lösen, dass der Graben das Wasser abführt, aber nicht aus dem Biotop.“
Denn es gebe in Mitteldeutschland keine andere Fläche, die sich so entwickelt habe und für Wasservögel so wertvoll geworden sei.
Ein umfangreiches Libellenvorkommen
„Wir haben im Herbst hier die Hälfte aller Bienenfresser aus der Population in Mitteldeutschland“, nennt der Stiftungsvorsitzende ein Beispiel. Und führt auch andere Tiere, wie Lurche und Amphibien an.
„Wir haben hier auch eins der umfangreichsten Libellen-Vorkommen in Sachsen-Anhalt.“ Zudem sei der Bereich ein extrem wichtiges Gebiet für die Grundwasserbildung. „Wenn wir in der Nähe wären, wäre ein Mitarbeiter alle zwei Tage vor Ort“, meint Tischbier und bedauert, dass seine Stiftung in Bielefeld sitzt.
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In den Seeländereien bei Frose gibt es schon seit Jahren einen Konflikt zwischen Landwirtschaft und Naturschutz. Guter Ackerboden vernässte in dem Bereich rund um den Froser Zuckerbusch, so dass die Bauern ihre Felder hier nicht mehr nutzen können und sich über Einbußen ärgern.
Das Feuchtland entwickelte sich allerdings zu einem wahren Naturparadies, in dem seltene Tiere eine Heimat oder einen Rastplatz fanden. Deshalb wurde der Bereich rund um den Zuckerbusch im Mai 2012 zum Biotop erklärt. Die Bauern machen deutlich, dass sie nichts gegen das Biotop haben. Aber die Eigentümer der Flächen müssten eine vernünftige Entschädigung bekommen, fordern sie. Für sie sei es eine feuchte Enteignung. Um angrenzenden Acker weiter bearbeiten zu können, haben die Landwirte für 1.500 Euro pro Hektar Drainagen verlegt. (mz)
