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Verkehr in Belleben Verkehr in Belleben: Dorfidylle ist pfutsch

Von Frauke Holz 16.09.2016, 13:41
In Belleben wird es eng: Lastwagen kommen nur aneinander vorbei, wenn sie den Gehweg mitbenutzen.
In Belleben wird es eng: Lastwagen kommen nur aneinander vorbei, wenn sie den Gehweg mitbenutzen. Ute Nicklisch

Belleben - „Schön Leben“ - wer seiner Fantasie freien Lauf lässt, kann Belleben auf diese Weise übersetzen. Doch was dieser Tage in der 592-Seelen-Gemeinde vor sich geht, ist alles andere als „belle“. Dorfidylle? Ruhe? Erholung? All das hat am Dienstag ein jähes Ende gefunden. Denn seitdem schlängeln sich unzählige Auto- und Lastwagenfahrer durch die sehr enge Ortslage.

Der Grund dafür liegt jenseits der Gemeindegrenze, ja sogar außerhalb des Salzlandkreises. So erfolgen derzeit bei Sandersleben (Mansfeld-Südharz) Straßenbauarbeiten, einhergehend mit einer Vollsperrung der Landesstraße 72 zwischen dem Kreisverkehr Sandersleben und der L 85 inklusive des Abzweigs in Richtung Alsleben. Deshalb wird der Verkehr, der zur B 6 oder A 14 will, seit Dienstag weiträumig ab Welfesholz über Gerbstedt und Belleben in Richtung Alsleben umgeleitet.

Ort ist am Nachmittag dicht

Ein Umstand, der die Bellebener am Dienstag überrascht hat. Bereits ab 4.30 Uhr rollten die ersten Lkw durch den Ort, berichten Anwohner. Eine weitere Stoßzeit haben sie zwischen 15 und 20 Uhr ausgemacht. Und tatsächlich: Am Nachmittag ist Belleben dicht. Die Laster quetschen sich förmlich - teils hupend, teils mit quietschenden Rädern - durch die enge Alslebener Straße, die streckenweise nur von einem Verkehrsteilnehmer passiert werden kann. An den innerorts aufgestellten Ampeln staut es sich, und schließen sich dann noch die Schranken am Bahnübergang geht es weder vor noch zurück.

Man bekommt eine vage Vorstellung davon, warum die Bellebener um ihre Sicherheit, gar ihr Leben fürchten. Denn aufgrund der Beengtheit müssen die Lkw-Fahrer zwangsläufig auf die ohnehin schon schmalen Gehwege ausweichen - bislang glücklicherweise ohne größere Schäden anzurichten.

Doch darauf wollen die Bellebener erst gar nicht warten und haben bereits erste Konsequenzen gezogen, wie Birgit Makus, Erzieherin in der ortsansässigen Kita „Zwergenland“, berichtet. „Wir gehen nicht mehr zum Sport.“ Denn um zur Turnhalle an der Gerbstedter Straße zu gelangen, müssten sie einmal durch den gesamten Ort. Unmöglich bei der derzeitigen Verkehrssituation. Auch die obligatorischen Geburtstagsständchen, welche die Kinder ab dem 75. Geburtstag jedem Bellebener singen, entfallen ab sofort wohl oder übel.

Kinder tragen Warnwesten

Ebenso haben die Mitarbeiter des Kinder- und Jugenddorfes, in dem unter anderem Kinder mit emotionalen Störungen leben, erste Sicherheitsmaßnahmen für ihre rund 50 Schützlinge ergriffen, die täglich von der Therapie-Einrichtung zur Schule oder Turnhalle zu Fuß pendeln. „Wir haben die Kinder mittlerweile mit Warnwesten ausgestattet“, erzählt Jörg Poguntke, Prokurist der Einrichtung.

Die älteren Bellebener hingegen gehen nur noch im Notfall vor die Tür, wie zu erfahren ist - mit weitreichenden Folgen. „Es macht sich schon bemerkbar, dass die Kunden ausbleiben“, berichtet Renate Hilmer von der Landfleischerei und spricht dabei im Namen aller Gewerbetreibenden. „Schlechte Nachrichten sprechen sich nun mal schneller herum als gute“, meint sie und fürchtet zudem, viele auswärtige Kunden zu verlieren. „Wären es zwei Wochen, würde niemand etwas sagen.“ Doch die Umleitung soll, und das abhängig vom Wetter, noch bis Heiligabend gelten.

Die Stadt ist außen vor

Da es sich um eine Baumaßnahme des Landes handele, sei die Stadt außen vor, berichtet Könnerns Bürgermeister Mario Braumann (parteilos). Im Rathaus habe man erst am Donnerstag der Vorwoche von der Umleitung erfahren - und sofort Veto eingelegt. Mit einem ersten Erfolg. Nach einer Diskussionsrunde am Mittwoch dieser Woche sowie einem Vor-Ort-Termin am Donnerstag sind noch am selben Abend die Ampeln verstellt worden. „Sie stehen jetzt außerhalb der Ortslage und der Verkehr wird einspurig durch Belleben geführt“, berichtet das Stadtoberhaupt. Andere Lösungen würden diskutiert, seien allerdings noch nicht spruchreif. Doch die Zeit drängt, denn Anfang Oktober beginnt die Zuckerrübenkampagne und weitere Verkehrsbehinderungen sind wohl vorprogrammiert.

(mz)

Nur im Gänsemarsch geht es an der Alslebener Straße entlang.
Nur im Gänsemarsch geht es an der Alslebener Straße entlang.
Ute Nicklisch