Traditiosngeschäfte Traditiosngeschäfte : Ein Stück Lebensqualität ist geblieben

Neugattersleben - Sie werden immer seltener, sind in den meisten Gemeinden oder Kleinstädten leider völlig von der Bildfläche verschwunden. Dabei sind die drei „K“ - Kirche, Kneipe und eben der Konsum - für die Menschen so wichtig.
Der Dorfkonsum hat es im Konkurrenzkampf mit den Lebensmittel-Discountern immer schwerer, um zu überleben.
Der Laden in Neugattersleben ist eine der wenigen Einrichtungen, die dank des Engagements von Hans-Peter Franke aus Calbe noch existiert, der am 3. März 2008 dieses Geschäft übernommen hat.
Zuvor hatte die Firma „Früla“ die Einrichtung geleitet, sie aber am 31. Dezember 2007 geschlossen.
Traditionsgeschäfte: Die elfte Filiale
„Der Konsum in Neugattersleben ist eine unserer elf Filialen“, erzählte der 61-jährige Ingenieur für Gärungs- und Getränketechnologie, der sein Studium in Dippoldiswalde erfolgreich abschloss.
Die Läden in Eickendorf, Schönebeck und Staßfurt sind ähnlich aufgebaut wie der in Neugattersleben.
Die anderen Filialen sind Getränkemärkte, das eigentliche Geschäft des Unternehmens Duphorn und Franke aus Calbe, das 1880 gegründet wurde und von Hans-Peter Franke nun schon in der vierten Generation betrieben wird.
„Wir sind 1972 verstaatlicht worden, haben uns aber 1990 sofort wieder selbstständig gemacht“, erklärte der Unternehmer.
Traditionsgeschäfte: Wechselvolle Geschichte
Auch der Konsum, der im Frühjahr 1959 eröffnet wurde, hat eine wechselvolle Geschichte, inklusive einiger Betreiberwechsel, hinter sich.
„Ich bin damals in die zweite Klasse gegangen und kam von der Kur aus Oberwiesenthal zurück. Da gab es plötzlich den neuen Konsum“, erinnert sich die Neugatterslebenerin Christel Schmidt an die Gründung und auch an die Situation zu Zeiten der Mangelwirtschaft in der ehemaligen DDR zurück.
Wenn es Apfelsinen oder Bananen gab, bildeten sich riesige Schlangen. Die Südfrüchte gab es damals nur auf Zuteilung. Rentner erhielten zwei Bananen oder Apfelsinen, Erwachsene und Kinder jeweils nur eine der damals heiß begehrten Früchte.
Traditionsgeschäfte: Fleißig ins Konsum-Heft geklebt
Außerdem waren die meisten DDR-Bürger Mitglied in der Konsumgenossenschaft. Fleißig wurden die Marken ins Konsumbuch geklebt.
Wehe, wenn nach einem Einkauf diese Marken verloren gegangen oder vergessen worden sind.
Schließlich bekam jedes Mitglied am Jahresende knapp zwei Prozent seines getätigten Umsatzes der vergangenen zwölf Monate zurückgezahlt. Damit konnte die eigene Haushaltskasse etwas aufgebessert werden.
Karin Just klebte damals auch die Konsummarken in ihr Heft. Nun kauft sie jeden Freitag in diesem Geschäft ein und ist froh, dass sie diese Möglichkeit noch hat, zumal die Sparkasse, das Modegeschäft und die Post in Neugattersleben in den vergangenen Jahren geschlossen haben.
„Der Konsum ist gerade für die älteren Menschen unheimlich wichtig, die kein Auto mehr fahren können. Für den täglichen Bedarf kann ich hier alles bekommen“, sagte die Neugattersleberin.
Traditionsgeschäfte: Der Plausch unter Kunden
Eine kleine Unterhaltung zwischen den Kunden und den Verkäuferinnen Karin Liebgott, die in vier Wochen den verdienten Ruhestand genießen darf, und Tanja Fahland, gehört auch dazu.
„Der Konsum ist schon ein kleiner Treffpunkt für die hier lebenden Menschen“, meinte die 43-Jährige aus Heubach bei Aalen (Baden-Württemberg).
Sie ist eine gelernte Einzelhandels-Kauffrau, die es durch die Liebe vor 16 Jahren nach Calbe in den Salzlandkreis verschlagen hat und ihrer Kundschaft ein breit gefächertes Sortiment anbieten kann.
Traditionsgeschäfte: Ein breites Angebot
Neben der sehr freundlichen Bedienung ist dieser Fakt ein Teil des kleinen Erfolgsgeheimnisses im Überlebenskampf gegen die schier übermächtigen Lebensmittel-Discounter.
Der Konsum in Neugattersleben ist sehr gut aufgestellt. Von Tierfutter über Shampoo bis zu Kräuterbonbons ist alles zu haben.
Außerdem wird auch Wert auf regionale Produkte, wie eingeweckte Wurstwaren aus Merzien bei Köthen gelegt.
Als Ersatz für die geschlossene Post können die in der Gemeinde lebenden Menschen ihre Briefe oder Pakete auch im Konsum abgeben.
Traditionsgeschäfte: Lieferant wird gesucht
„Ich bin sehr froh, dass wir dank der Unterstützung der Bäckerei Schneider aus Groß Rosenburg unseren Kunden frische Backwaren anbieten können“, erklärte Hans-Peter Franke, der jedoch noch ein großes Problem hat, das ihm förmlich unter den Nägeln brennt.
„Ich bin auf der Suche nach einem zuverlässigen Lieferanten für Obst und Gemüse.“
Das ist ein kleines Puzzleteil, das dem Geschäftsmann noch fehlt, um die Erfolgsgeschichte des Konsums fortzuschreiben und den Menschen in Neugattersleben ein Stück Lebensqualität zu sichern.
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Der Konsum hat montags bis samstags von 7 bis 11 Uhr und 15 bis 18 Uhr, außer am Mittwoch, für die Kunden geöffnet.
(mz)
