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Tischtennis Tischtennis: Ein Jubilar mit goldenen Händen

Von CARSTEN ROLOFF 13.05.2011, 15:55

BERNBURG/MZ. - Er hat im wahrsten Sinne des Wortes goldene Hände. Das schicke Einfamilienhaus in der Robert Koch-Straße hat Rainer Rehwinkel von 1972 bis 1974 fast allein errichtet, ließ nur die Finger von den Sanitär- und Klempnerarbeiten. Mindestens genauso geschickt stellt sich der Bernburger an der Tischtennisplatte an. Das Urgestein des SV Serum Bernburg, das seit der ersten Stunde im Jahr 1962 dabei ist, feiert am Montag seinen 70. Geburtstag, allerdings nicht in der Saalestadt. Mit seiner Ehefrau Erika flog er am Freitag nach Antalya, macht Urlaub im Lara Resort. "Die Ecke hat mir mein Teamkollege und jahrelanger Widersacher Manfred Kropf wärmstens empfohlen", erzählte der Jubilar.

In seiner Jugend war Rehwinkel ein Allrounder, stand sowohl im Boxring als auch an der Platte sowie auf dem Fußballrasen. "Beim Tischtennis hatte ich die größten Erfolge. Deswegen habe ich mich schließlich für diese Sportart entschieden", begründete der studierte Statiker seine Liebe zum kleinen Celluloidball. Nach zwei zweiten Plätzen bei den Jugend-Ranglisten-Turnieren des Bezirkes Halle rutschte das Talent mit 17 Jahren bereits in die erste Männermannschaft des SV Einheit, die 1962 zum SV Serum Bernburg wechselte. Noch heute ist er in der dritten Männermannschaft aktiv, spielte viele Jahre mit dem Verein in der DDR-Liga und Bezirksliga. "Wir waren damals eine Fahrstuhlmannschaft, für die Bezirksliga zu stark und für die zweite Liga zu schwach. Uns haben noch zwei gute Leute gefehlt. Die 50 Jahre beim SV Serum möchte ich noch voll machen, obwohl es in beiden Knien schon mächtig zwackt", hat der Haudegen, der auch während der Armeezeit und des Studiums an der Technischen Universität Otto von Guericke in Magdeburg für Serum an der Platte stand noch ein klares Ziel vor den Augen. Im nächsten Jahr könnte er dieses einmalige Jubiläum feiern.

1973 wurde beim ehemaligen Hauptabteilungsleiter des Kranbaus Köthen ein Hörschaden festgestellt. "Ich habe bei der Flak gedient. Da werde ich mein Gehör verloren haben", meinte Rehwinkel, der im Unglück auch etwas Glück hatte. Der Hörschaden ebnete dem Bernburger den Weg in die Tischtennis-Nationalmannschaft der Versehrten. 1976 wurde er von Trainer Hermann Drechsel entdeckt. "Drechsel hat mich beim Punktspiel bei Wissenschaft Halle beobachtet und danach angesprochen. Ich war an dem Tag besonders gut drauf, habe alle meine Einzel gewonnen. Was mir mein Beruf nicht ermöglichte, obwohl ich Reisekader war, schaffte der Sport. Ich konnte einmal in den Westen fahren", plauderte das Tischtennis-Ass ein wenig aus dem Nähkästchen. Rehwinkel, der bis zur Wende 23 DDR-Meistertitel im Einzel, Doppel und Mixed eroberte, nahm 1979 an der Europameisterschaft in Belgien teil und kehrte mit einem kompletten Medaillensatz zurück. Der Serum-Spieler holte mit Hannelore Ochsenknecht im Mixed den Titel, Silber mit Engelhardt Hoffmann im Doppel und Bronze mit der Mannschaft. Seinen Traum von einer EM-Medaille im Einzel erfüllte er sich 1987 in Budapest, als er als spielender Nationaltrainer (ab 1981) sich auf den dritten Platz schmetterte und außerdem auch Bronze im Doppel mit Manfred Stahl sowie mit dem Team gewann. Im vereinten Deutschland eroberte der Vater der beiden Söhne Ralf und Jörg noch neun Meistertitel.

Privat durchlebte Rehwinkel vor neun Jahren seine schwerste Zeit, als sein Sohn Ralf während des Fahrradtrainings von einem Traktor überrollt wurde. "Der Junge musste 32 Operationen über sich ergehen lassen und lag ein halbes Jahr im Krankenhaus. Ich bin so glücklich, dass er wieder richtig gesund ist", sagte Rehwinkel, der sich besonders freut, wenn seine dreijährige Enkelin Lena vorbeischaut.

Die große Party mit der Familie und den Sportkameraden steigt erst nach dem Ende seines Urlaubs in der Türkei. "Da müssen wir noch einen Termin festlegen", sagte der Jubilar. Es ist jedoch klar, dass sein langjähriger Weggefährte Kropf mit an der Geburtstagstafel sitzen wird.