1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Salzlandkreis
  6. >
  7. Studenten der Hochschule Anhalt und Personalchefs treffen sich am Concordiasee

Personalmangel in Betrieben Studenten der Hochschule Anhalt und Personalchefs treffen sich am Concordiasee

Viele Firmen klagen zwar, doch Berufseinsteiger sehen viel Bürokratie. Wirtschaftsjunioren verbinden Angebot und Nachfrage.

Von Detlef Anders 17.08.2021, 10:00
Studenten und Personalchefs berichten  von schattigen Liegestühlen aus Jacqueline Sell  (re.) über Probleme mit  der Stellen- und Bewerbersuche.
Studenten und Personalchefs berichten von schattigen Liegestühlen aus Jacqueline Sell (re.) über Probleme mit der Stellen- und Bewerbersuche. (Foto: Detlef Anders)

Aschersleben/MZ - „Ich habe mich im Februar beworben und jetzt eine Einladung erhalten“, berichtet eine Studentin der Hochschule Anhalt im schattigen Liegestuhl am Concordiasee. Es wäre hilfreich, wenn man die Termine näher zusammenführt, wünscht sie sich.

Ein Student aus Oschersleben erzählt von 140 erfolglosen Bewerbungsschreiben und einem Initiativanruf, der ihm nun einen Job unweit von Wuppertal gebracht hat. Eine Frau informiert über einen gerade erhaltenen Rückruf nach vier Monaten für ein im September geplantes Praktikum. Oft gebe es von Firmen keine Rückmeldung, sagt sie.

Viele Firmen klagen über Fachkräftemangel, doch junge Fachkräfte sehen ein zu viel an Bürokratie und scheinbares Desinteresse. Bei einer Veranstaltung der Wirtschaftsjunioren des Salzlandkreises kommen Vertreter beider Seiten ins Gespräch.

Wirtschaftsjunioren des Salzlandkreises verbinden Angebot und Nachfrage

Die Wirtschaftsjunioren haben nach einer Möglichkeit gesucht, Firmen und potenzielle Bewerber in entspannter Atmosphäre zusammenzubringen. Erstmals luden sie Personalverantwortliche und Firmenchefs sowie Studenten der Hochschule zu „Beach and Business“ ein.

Das Veranstaltungsformat mit Workshops, der Vorstellung eines Existenzgründers und einem Business-Speeddating soll Raum für Ideen und Austausch in lockerem Ambiente schaffen, berichtet Janine Stoisiek, Sprecherin der Wirtschaftsjunioren. Als Partner haben sie die Stadtwerke und die Investitions- und Marketinggesellschaft des Landes dabei.

Sie wollen die Hochschule mit der Wirtschaft verbinden, nennt Lars Duwe das Ziel der Wirtschaftsjunioren. 20 Studenten sind gekommen, manche nehmen online teil. Vertreter von Personalabteilungen wie von der Harzer Volksbank oder Regiocom Magdeburg, aus dem Harz, Magdeburg und dem Salzlandkreis sind dabei. „Sie wollen es künftig jedes Jahr machen“, sagt Duwe.

20 Studenten sind an den Concordiasee gekommen, manche nehmen online teil

Janine Stoisiek, Standortleiterin der Akademie Überlingen in Aschersleben, sucht zwar auch Fachkräfte wie Psychologen und Sozialpädagogen, doch die wolle sie am See „nicht verhaften und mitnehmen“, wie sie lachend bekennt. Ihr gehe es darum, das Recruiting – die Bewerbersuche - anders zu gestalten. Wie gestaltet ein Unternehmen eine Stellenanzeige so, dass ein Interessent unbedingt bei diesem anfangen will? Eine Ausschreibung für Rettungsschwimmer mit Superhelden-Foto?

Die Ascherslebenerin freut sich auf Martin Gaedt, der über neue Gedankenansätze zum Fachkräftemangel und der Bewerbersuche im ländlichen Raum spricht. Beim Speeddating sollen sich alle kennenlernen und zum Netzwerken angeregt werden. Studenten präsentieren Gründungsideen.

Beim Kanurennen auf dem See und anschließendem Chillen und Grillen könnten sich Studenten und Firmenvertreter kennenlernen, denkt Janine Stoisiek. Sie träumt von einem Recruiting-Festival am Strand. „Es ist heute ein Test, ob es ankommt.“

Im Workshop „Recruiting über Social Media“ geht es mit Jacqueline Sell von der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt um einen Austausch zwischen Studenten und Firmen. Das Abholen der potenziellen Bewerber über Gefühle wie mit dem Superhelden-Foto kam gut an, doch es sollte anschließend nicht kompliziert werden, ist ein Fazit. Mehrere Studenten beklagen, dass um das Gehalt oft ein Geheimnis gemacht wird. „Wenn das Gehalt nicht offen kommuniziert wird, ist es für mich sofort uninteressant“, sagt ein Teilnehmer.

„Wenn das Gehalt nicht offen kommuniziert wird, ist es für mich sofort uninteressant.“

Ein Student über seine Erfahrungen

Andreas Piekusch, Recruiter bei Regiocom, berichtet, dass er 30 bis 40 Bewerbungen pro Woche auf dem Tisch hat. „Und wenn ich sie anrufe, dann erreiche ich keinen“, beklagt er. Sein Unternehmen agiere schnell. Da habe es mal nur drei Stunden von der Bewerbung über das Vorstellungsgespräch bis zum Arbeitsvertrag gedauert.

Um einen Bewerber besser kennenzulernen habe er sich auch schon einmal im Café in lockerer Atmosphäre zum Vorstellungsgespräch getroffen. Auch eine Bewerber-Ralley in Dessau, bei der Rätsel gelöst wurden und man während der Fahrt ins Gespräch kam, empfindet er als gute Chance um zu sehen: „Ist der Bewerber motiviert und engagiert?“

Das Veranstaltungsformat gefällt ihm. „Die Idee ist super. Es ist eine gute Mischung zwischen der Kuh, die vorbeirennt, und einem modernen Workshop mit Studenten. Ein spannendes Thema.“ Janine Ahrens, Personalgruppenleiterin der Harzer Volksbank, lobt das Format. Eigentlich hatte sie schon einen Studenten im Visier, doch der bekennt dann, dass er schon bei einer Bank, die er in Bernburg kennenlernte, unterschrieben hat. Sicherlich kommen beide im nächsten Jahr wieder.