Ofen aus nach 100 Jahren Ofen aus nach 100 Jahren in Plötzkau:

Plötzkau - Eine Ära ist in diesem Sommer in Plötzkau zu Ende gegangen. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr. 100 Jahre lang hatte Familie Hoppe das Dorf mit frischen Backwaren versorgt. Axel Hoppe hat die von seinem Urgroßvater Herrmann 1919 gegründete Bäckerei Ende Juli geschlossen. „Aus betriebswirtschaftlichen Gründen“, wie der 46-Jährige sagt.
Doch die Plötzkauer können bald wieder Brot, Brötchen und Kuchen im Laden an der Hauptstraße kaufen. Rechtzeitig zum Pflaumenkuchenmarkt übernimmt die Baalberger Bäckerei Latsch das Geschäft. Ab kommenden Donnerstag, 5. September, wird täglich geöffnet sein, kündigt Firmenchefin Ramona Latsch an.
Nicht mehr für umsonst arbeiten, heißt die Entscheidung
„Nach den letzten Quartalszahlen vom Steuerbüro habe ich entschieden, nicht mehr für umsonst arbeiten zu wollen“, erläutert Axel Hoppe die Beweggründe. Löhne, Rohstoffpreise, Krankenkassenbeiträge - alles sei in den vergangenen Jahren gestiegen.
Negativ ausgewirkt habe sich vor allem die Schließung der Fleischerei im Dorf. Kunden, die aus dem Umland nach Plötzkau kamen, um sowohl Wurst- als auch Backwaren zu kaufen, blieben plötzlich weg. Dennoch machte Axel Hoppe zuletzt noch ordentliche Umsätze. Sonnabends seien bis zu 4.000 Brötchen über den Tresen gegangen, freitags bis zu 140 Brote.
Billige Discounter-Konkurrenz macht Sorgen
Während der Mindestlohn weitestgehend verdaut ist, macht den traditionellen Bäckereien vor allem die billige Discounter-Konkurrenz Sorge, schätzt Innungsobermeister Lars Pralow ein. „Die Industriebäcker werden dann auch noch mit Steuergeldern subventioniert“, übt er scharfe Kritik an der Förderpolitik in Deutschland.
Bäcker, die früher in ihrem Heimatort arbeiten konnten, müssten jetzt weite Strecken fahren, um zur Arbeit in der Großbäckerei zu gelangen. „Das ist auch aus ökologischer Sicht Unsinn.“ Die Folge dieser Entwicklung: „Jeden Tag stirbt eine Bäckerei in Deutschland“, sagt Lars Pralow.
Nicht alle sind arbeitslos geworden
Die Schließung in Plötzkau hat zur Konsequenz, dass der Geselle arbeitslos geworden ist. Der einzige Lehrling ist bei Edeka untergekommen. Axel Hoppes Tochter Karolin, die den Verkaufswagen steuerte, hat als Verkäuferin bei Bäckerei Latsch eine Anstellung gefunden. Sie wird künftig als für die Kunden bekanntes Gesicht mit einer weiteren Kollegin in Plötzkau im Laden stehen.
Auch Axel Hoppe selbst wird wohl bei Latsch unterkommen. Er absolviert seit dieser Woche ein 14-tägiges Schnupperpraktikum in Baalberge. Beide Seiten sind sich jetzt schon über ein Engagement als Geselle einig.
Plötzkaus Bürgermeister Peter Rosenhagen (parteilos) bedauert, dass sein Dorf einen Traditionsbetrieb verliert. „Ich bin aber froh, dass die Versorgung weitergeht.“ Die Plötzkauer können künftig sogar täglich frische Brötchen zum Frühstück genießen, weil die bisherigen Ruhetage Sonntag und Montag entfallen.
Latsch erweitert regionales Netz
Die Bäckerei Latsch, die den Plötzkauer Laden von Rudolf Hoppe mietet, erweitert ihr regionales Netz, das von Aschersleben bis Wulfen reicht, damit auf zwölf Filialen. Diese werden vom Stammsitz in Baalberge täglich mit frischen Weizenbrötchen-Teiglingen beliefert, die dann vor Ort gebacken werden. In Plötzkau wird das wie in den anderen Latsch-Verkaufsstellen in einem kleinen Edelstahlofen geschehen.
Der weitere Betrieb des gemauerten Steinbackofens wäre zu unrentabel, heißt es. „Außer die Kunden wären bereit, für solch ein spezielles Brot fünf Euro zu zahlen“, sagt Lars Pralow. Vielleicht wird aber die Zeit dafür mal reif, überlegt Axel Hoppe: „Der alte Ofen bleibt auf jeden Fall in der Backstube stehen, wer weiß, was irgendwann mal kommt.“
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Die Plötzkauer Bäckerei ist ab kommenden Donnerstag montags bis freitags von 6.30 bis 17 Uhr, samstags von 6.30 bis 11 Uhr und sonntags von 6.30 bis 10.30 Uhr geöffnet. Am Pflaumenkuchenmarkt-Wochenende ist ebenfalls bis 17 Uhr offen. (mz)
