1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Salzlandkreis
  6. >
  7. Kindertagesstätte "Wipperzwerge" : Kindertagesstätte "Wipperzwerge" in Giersleben: Vertrauen nach Seuchenjahr gestört

Kindertagesstätte "Wipperzwerge"  Kindertagesstätte "Wipperzwerge" in Giersleben: Vertrauen nach Seuchenjahr gestört

Von Marko Jeschor 04.11.2017, 12:55

Giersleben - „Von Neuem anfangen: Ein Leitmotiv der Zukunft“, steht auf der Internetseite der Kindertagesstätte Wipperzwerge in Giersleben. Der Spruch soll sich zwar auf die Arbeit der Einrichtung mit den Kindern beziehen.

Mittlerweile aber trifft die Aussage auch auf einen anderen Bereich zu: auf die Zusammenarbeit von Eltern, Erzieherinnen und der Lebenshilfe Bördeland gGmbH als Träger. Alle möchten nach einem wahren Seuchenjahr endlich wieder nach vorn blicken.

Kindertagesstätte „Wipperzwerge": Seit Monaten ein zerrüttetes Verhältnis

Das Verhältnis zwischen Eltern auf der einen und Erzieherinnen sowie dem Träger auf der anderen Seite gilt seit Monaten als nachhaltig zerrüttet.

Viele kleine Probleme und auch ein großes haben sich soweit aufgeschaukelt, dass rund 20 besorgte Eltern zuletzt sogar einen Brief verfassten - Tenor: Man habe oft kein gutes Gefühl mehr, sein Kind in der Einrichtung abzugeben.

In dem Schreiben ist die Rede von oft gestressten, überlasteten und gereizten Erziehern, von fehlender Offenheit und Flexibilität. Von Eltern, die kein Vertrauen mehr haben und deshalb ihre Kinder in eine andere Kindertagesstätte schicken möchten oder den Wechsel bereits vollzogen haben.

Und von einer Angelegenheit mit einem Erzieher, die zwar nicht näher beschrieben wird, die aber das Jugendamt sofort auf den Plan brachte und die bis heute nachwirkt in Giersleben.

Kindertagesstätte „Wipperzwerge": Förderverein fühlt sich nicht ernst genommen

Nach Angaben von Eltern soll ein Erzieher bereits im September 2016 mehrere Kinder äußerst grob und zum Teil auch unsittlich angefasst haben.

Eine andere Erzieherin habe uns darüber informiert, berichtete Elternrat René Fischer am Freitag. Sein damals zweijähriger Sohn sei selbst von den mutmaßlichen Übergriffen betroffen gewesen.

Der 46-Jährige habe deshalb sofort Gespräche mit der damaligen Kita-Leiterin Heike Przygodzka sowie der Lebenshilfe-Geschäftsführung geführt. Sein Eindruck: „Das Thema wurde runtergespielt.“

Auch Jana Richter vom Förderverein sagte: „Wir fühlen uns von der Lebenshilfe nicht ernst genommen.“

Kindertagesstätte „Wipperzwerge": Vorwürfe wurden geprüft, aber nicht erhärtet

Dessen Geschäftsführer Stefan Labudde erklärte auf MZ-Anfrage, man habe die Vorwürfe sofort und intensiv gemeinsam mit dem Jugendamt geprüft. „Die Verdachtsmomente ließen sich nicht erhärten.“

Das Jugendamt teilte am Freitag lediglich dazu mit, man sei den Vorwürfen unverzüglich nachgegangen. Ob das Kindeswohl tatsächlich gefährdet war, konnte die Kreisverwaltung jedoch nicht sagen.

Dass der entsprechende Erzieher im vergangenen Dezember dennoch die Einrichtung verlassen musste, begründet Lebenshilfe-Geschäftsführer Labudde mit einem gestörten Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und dem Erzieher.

„So konnte keine Erziehungspartnerschaft mehr gelingen.“

Bis dahin hatte es zwar mehrere Gespräche mit den betroffenen Eltern gegeben - nicht aber mit allen Eltern aus der Gruppe, die aber über Umwege vom vermeintlichen Fehlverhalten erfuhren.

Kindertagesstätte „Wipperzwerge": Nicht alles optimal verlaufen

Die Unterzeichner des Briefes werfen der Geschäftsführung genau das vor: „Wenn frühzeitig das Gespräch gesucht worden wäre, hätte sich vieles sicher nicht so hochgeschaukelt.“

Im Nachgang räumt Labudde ein, dass nicht alles optimal lief - auch wenn es für solche Fälle entsprechende Prozesse gebe. Er könne die Sicht der Eltern deshalb ein Stück weit nachvollziehen, sagte er.

Er betonte, man sei auch weiterhin für Hinweise der Eltern auf mögliche Fehlverhalten der Erzieher dankbar.

Kindertagesstätte „Wipperzwerge": Vorfälle während der Zeit des Notstandes

Als wären  die mutmaßlichen Vorfälle nicht schon genug, verschärfte sich die Personalsituation danach gewaltig.  „Wir hatten Notstand“, sagte die jetzt stellvertretende Leiterin Przygodzka dazu am Donnerstag. 

Beinahe täglich wechselten die Aushilfskräfte, zwischenzeitlich wurde sogar über eine Teilschließung der Einrichtung gesprochen.

Angesichts dieser Umstände könne sie die Vorwürfe der Eltern über mangelnde Kommunikation oder Flexibilität nicht nachvollziehen.

Przygodzka hatte nach dem Weggang der langjährigen Leiterin Petra Kuche auf Bitten der Geschäftsführung die Führung des Hauses übernommen, später aber angekündigt, nicht dauerhaft die Aufgaben übernehmen zu wollen.

Kindertagesstätte „Wipperzwerge": Anspannung ist weiterhin spürbar

Seit Anfang November leitet nun die 29-jährige Susann Eisenhut die Einrichtung mit rund 80 Kindern und sechs Kolleginnen. Sie sagte der MZ am Donnerstag lediglich, man spüre weiterhin die Anspannung.

Mit ihrem Engagement verbinden alle gleichwohl nun einen Neuanfang. Labudde hofft, „dass es ihr gelingt, mit neuem Blick das Team der Kita und die Eltern für einen gemeinsamen Weg zum Wohl der Kinder zu gewinnen“.

Auch Elternrat Fischer will endlich zu einer vernünftigen Zusammenarbeit zurückkehren. Denn: Viele Eltern seien wirklich außerordentlich engagiert und würden sich auch weiterhin gern einbringen.

Gierslebens Bürgermeister Peter Rietsch teilte Freitagnachmittag mit, er habe erst durch die MZ-Anfrage vom Brief der Eltern erfahren.

Der Gemeinde stehe es nicht zu, sich in die Angelegenheiten der Kindertagesstätte einzumischen. Gleichwohl erwarte man, „dass die Lebenshilfe im eigenen Interesse alles unternimmt, um die Einrichtung weiter zu stärken“.

Der Verbandsgemeinde Saale-Wipper lagen bis Freitag keine Informationen zu den Vorgängen vor, wie Bürgermeister Jan Ochmann auf  MZ-Anfrage sagte.  (mz)