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Friedhof in Cörmigk Friedhof in Cörmigk: Quälende (Un-)Gewissheit

Von Frauke Holz 20.09.2016, 09:24
Ulrich Börnicke engagiert sich für die Sanierung des Ehrenmals auf dem Cörmigker Friedhof.
Ulrich Börnicke engagiert sich für die Sanierung des Ehrenmals auf dem Cörmigker Friedhof. Ute Nicklisch

Cörmigk - Mit jedem Jahr, das verstreicht, sinkt auch die Hoffnung Ulrich Börnickes, das Geheimnis um das verwitterte Ehrenmal mit der kaum noch zu erkennenden Inschrift auf dem Cörmigker Friedhof zu lüften. Welche Namen wurden darauf verewigt? Was hat es mit der Gestaltung auf sich?

Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, hatte Börnicke sich Ende vergangenen Jahres gemeinsam mit Karl Bergmann in einem Hilferuf (die MZ berichtete) an die Cörmigker gewandt - vergeblich. Lediglich eine Frau aus Gerlebogk habe sich gemeldet, wie Börnicke erzählt. Allerdings wusste die 96-Jährige nur zu berichten, dass sie anno dazumal am Denkmal hatte singen müssen.

Wer war Wilhelm Voigt?

Das Monument, so ist wiederum der Ortschronik zu entnehmen, wurde 1921 für 5.059,65 Mark von Wilhelm Voigt aufgestellt, um der Gefallenen des Ersten Weltkrieges zu gedenken. „Wir wissen weder, woher diese Information stammt, noch wer Wilhelm Voigt war“, sagt Börnicke, der bei seiner weiteren Recherche während der vergangenen Monate förmlich von A nach B geschickt worden ist, aber auch viel Unterstützung erfahren hat.

Angefangen im Stadtarchiv Köthen, welches ihn an den Landkreis Anhalt-Bitterfeld verwiesen hatte, zu welchem Cörmigk bis 1952 gehörte. Doch wie der Cörmigker dort erfuhr, seien alle Unterlagen nach der Gebietsreform an das dann zuständige Archiv übergeben worden, sprich: das Kreisarchiv des Salzlandkreises.

Blick in die Kirchenbücher

Während seine Anfrage dort bislang jedoch unbeantwortet blieb, war ein Blick in die Kirchenbücher hingegen aufschlussreicher. Die ehemalige Pfarrerin Dorothee Wagner hatte diese durchforstet und dabei 16 Gefallene aus dem Ersten Weltkrieg und sieben aus dem Zweiten Weltkrieg aufgespürt - und teils detaillierte Angaben zu deren Todesursache gefunden: „im Schützengraben durch Kopfschuss gestorben“ oder „verstarb in Köthen, innere Auszehrung durch Hunger und erduldete Strapazen“.

Von anderen wiederum ist lediglich das Sterbejahr übermittelt - kein Ort, Monat oder Tag. Auch sogenannte Verlustlisten, wie sie im Internet zu finden sind, geben dahingehend nicht zu 100 Prozent Aufschluss. Die Ungewissheit überwiegt demnach noch in vielen Fällen. So waren zwar, wie Börnicke herausgefunden hat, 78 Cörmigker im Ersten Weltkrieg.

Doch wie viele heimkehrt sind, ist fraglich. Von gerade einmal 19 Gefallenen - und 33 aus dem Zweiten Weltkrieg - hat er bisher alle Daten zusammentragen können. Sie konnten nicht zuletzt dank der Mithilfe von Antje Gläsel komplettiert werden, die beispielsweise bei Familienzugehörigkeiten Rat wusste.

Auf Gravuren verzichten

Doch Börnicke geht davon aus, dass mindestens 80 Männer aus Cörmigk in beiden Kriegen geblieben sind. Ob er jemals ihre Identitäten und Schicksale aufklären kann, bezweifelt er. Und bevor sich Fehler einschleichen oder jemand vergessen werde, tendiere er dazu, das Denkmal zwar restaurieren zu lassen, aber auf das Eingravieren einzelner Namen zu verzichten.

„Vielleicht können wir uns auf eine allgemeine Inschrift einigen.“ Das Schwert hingegen, das auch heute noch in der Mitte des Steines zu erkennen ist, soll erhalten bleiben. Das Kuriose daran: Linker Hand der Klinge ranken sich Eichenblätter, rechter Hand Lorbeerzweige.

„Vermutlich stehen sie für Deutschland und Sieg“, mutmaßt Börnicke, der bereits einen Kostenvoranschlag von einem Steinmetz aus Köthen eingeholt hat.

Geld aus Spenden

Gut 2.300 Euro wird die Restaurierung kosten. „Für jeden Namen kämen nochmals 50 Euro hinzu.“ Nachdem im Winterhalbjahr bereits der marode Sockel erneuert werden soll, könnte das eigentliche Vorhaben im kommenden Jahr umgesetzt werden - mit oder ohne Namen, das ist die noch zu klärende Frage. Denn finanziell gesehen, sei man auf einem guten Weg. Nicht zuletzt dank der von dem Cörmigker Hanno Engel anlässlich seines 25-jährigen Firmenbestehens initiierten Spendensammlung.

Offen wird indes bleiben, warum das Ehrenmal überhaupt in diesen Zustand geraten ist. Börnicke sieht es pragmatisch: „Manches muss wohl erst in Vergessenheit geraten, bevor es wieder an das Tageslicht geholt werden kann.“

Wer Informationen oder Fotos vom Ehrenmal besitzt oder Geld spenden möchte, kann sich bei Ulrich Börnicke melden unter Telefon 03471/37 33 33(mz)

Der Findling erinnert an den Befreiungskrieg 1813 und liegt derzeit noch neben dem ehemaligen Konsum. Künftig, so der Wunsch, soll er auf dem Friedhof nahe dem Gefallenendenkmal einen neuen Platz finden.
Der Findling erinnert an den Befreiungskrieg 1813 und liegt derzeit noch neben dem ehemaligen Konsum. Künftig, so der Wunsch, soll er auf dem Friedhof nahe dem Gefallenendenkmal einen neuen Platz finden.
Ute Nicklisch