"Es fühlt sich wie Sand an" Dürre in Sachsen-Anhalt: So leiden die Landwirte unter der Trockenheit

Nienburg/Halle (Saale) - Langsam lässt Volker Bosse die Erde durch seine Finger rinnen. „Sie fühlt sich an wie Sandboden“, sagt der Landwirt aus Nienburg bei Bernburg. Sein Betrieb bewirtschaftet eine Fläche von 400 Hektar. Der lehmhaltige Boden gehört eigentlich zu den fruchtbarsten in Deutschland. Die Bodenwertzahl liegt im Schnitt bei 85 - hundert ist der Höchstwert.
Doch Bosses Hof liegt auch im sogenannten Regenschatten des Harzes. „Bei uns fällt ohnehin weniger Niederschlag als in anderen Teilen Sachsen-Anhalts“, sagt er. Doch nun werde es extrem. Im April ist laut Bosse bisher kaum ein Tropfen gefallen. „Die obere Bodenschicht trocknet damit von Tag zu Tag mehr aus“, sagt der Landwirt.
Der 55-Jährige steht auf einem Erbsenfeld, die Pflanzen schauen bereits wenige Zentimeter aus der Erde. „Wenn nicht bald ordentlich Regen kommt, dann werden wir wieder große Ernteausfälle haben“, ist sich der Landwirt sicher. Im Dürrejahr 2018 lagen diese bei 30 Prozent.
Regen bleibt aus: Feuchte sinkt von Tag zu Tag
Was Bosse auf seinem Feld beobachtet, lässt sich auch auf dem Dürremonitor des Umweltforschungszentrums in Leipzig ablesen. Von Januar bis Mitte April 2019 fiel in der Region Bernburg nur 60 bis 80 Liter Niederschlag pro Quadratmeter.
Im Dürrejahr 2018 waren im Vergleichszeitraum immerhin noch mehr als 120 Liter. Die Folge: In tieferen Bodenschichten konnten die Wasservorräte nicht aufgefüllt werden. Es herrscht Dürre. Der Oberboden bis 40 Zentimeter hält noch Wasser, doch nimmt aufgrund der warmen Temperaturen die Bodenfeuchte von Tag zu Tag ab.
Davor schützen, kann sich Bosse kaum. Das Grundwasser unter seinen Feldern ist aufgrund der Soleförderung in der Region sehr salzhaltig. „Eine künstliche Bewässerung über Brunnen scheidet daher aus“ , sagt er. Dies wäre ohnehin nur bei Sonderkulturen möglich. Große Weizenfelder ließen sich nicht wirtschaftlich bewässern.
Kein Wasser in der Tiefe - Pflanzen wachsen nicht
Sein Betrieb baut in diesem Jahr Raps, Weizen, Erbsen, Durum und zu Testzwecken Hirse an. All diese Pflanzen vertragen Trockenheit gut. Die Wurzeln des Rapses reichen mitunter bis zu zwei Meter tief. „Doch wenn dort nur wenig Wasser ist, dann bleibt das Wachstum aus“, so Bosse. Nach seinen Worten ist das für Außenstehende bisher kaum sichtbar. „Viele sehen nur die gelben Rapsfelder“, sagt er. „Doch die Pflanzen müssten jetzt schon viel größer und kräftiger sein.“
In diesem Jahr baut der Landwirt erstmals versuchsweise Hirse an. Sie ist an sehr trockene Regionen angepasst. „Die Pflanze nimmt nach einer Trockenperiode das Wachstum wieder auf“, erläutert Bosse. Sie könne damit Dürren überstehen. Hirse eigne sich gut als Futtermittel. Das Problem: Die Pflanze ist bei weitem nicht so ertragsstark wie etwa Mais als Futterpflanze.
Trockenheit: Landwirte experimentieren mit neuen Pflanzen
„Überall in Sachsen-Anhalt experimentieren Landwirte mit neuen Kulturen“, sagt Agrarökologe Matthias Schrödter von der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt (LLG). So werde beispielsweise Durumweizen angebaut, der aus Italien in die Region „eingewandert“ ist. Er dient unter anderem zur Nudelherstellung. Auch der Anbau von Soja als Tierfutter nehme zu.
„Die klassischen Kulturen sind dadurch aber nicht zu ersetzen“, sagt Schrödter. Das Dürrejahr 2018 habe gezeigt, dass mit Weizen noch immer die besten Erträge erzielt wurden. Für größere künstliche Bewässerungen fehlten vielerorts die Brunnen und die Wasserrechte. „Sollten die Dürrejahre zunehmen, müssen wir uns aber Gedanken zum Wassermanagement machen“, ist Schrödter überzeugt.
Immer wärmer, immer trockener: Wird Gentechnik notwendig?
Landwirt Bosse sagt: „Mich macht die derzeitige Situation nachdenklich“. Im fünften Jahr in Folge sei es in der Region Bernburg zu trocken. Von 2008 bis 2016 habe sein Betrieb auch aufgrund steigender Agrarpreise gut verdient. „Gegen Dürreausfälle bin ich jedoch machtlos“, sagt er.
Nach seiner Ansicht müsse ernsthaft überlegt werden, ob durch den Einsatz von Gentechnik stressresistentere Pflanzen hergestellt werden können. „In meinen Augen sollten das aber keine multinationalen Konzerne machen, sondern staatlich kontrollierte Institute“, sagt Bosse. Bisher sei die Landwirtschaft gegen zunehmende Trockenheit jedenfalls kaum gewappnet. (mz)