Der Braumeister Der Braumeister: Das große Geschäft mit Treibgut gewittert

Frohse - Juni 2013. Die Elbe ist längst über alle Ufer getreten und reißt als Treibgut mit, was nicht niet- und nagelfest ist.
Der Schönebecker Ortsteil Frohse ist beinahe völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Wochenlang herrscht Ausnahmezustand. Stefan Henning ist wie so viele Elbe-Anwohner mittendrin.
April 2018. Die Flut ist fast vergessen. Geblieben ist für Henning jedoch eins: das Treibgut, allerdings nicht das aus der Elbe.
Henning, 35 Jahre, Diplom-Braumeister, hat nach den eindrücklichen Erfahrungen beim Hochwasser sein selbst gebrautes Bier so genannt.
Ehemalige Fleischerei sieht noch aus wie ein Baustelle
Treibgut ist jetzt also eine Marke, mit der der Schönebecker sein unternehmerisches Glück sucht. Einen Großteil seines Brauerlebens arbeitete er bisher für verschiedene etablierte Brauereien in Deutschland. Doch dazu später mehr.
Eine ehemalige Fleischerei unmittelbar neben der Frohser Kirche am Reuterplatz.
Alles sieht hier auf den ersten Blick noch nach Baustelle aus: Die großen stählernen Sudkessel sind noch blitzblank, ebenso wie die neue Abfüllmaschine, erst vorige Woche gekommen, einen Raum weiter.
Damit können ab jetzt bis zu 750 Flaschen pro Stunde abgefüllt werden - mehr als das Sechsfache als bisher.
Ab Mai wil der „Wikinger“ voll einsteigen
Spätestens ab Mai will Henning, ein Wikinger von Statur, schwarzer Blaumann, schwarze Brille und fuchsiger Spitzbart, groß einsteigen in das Geschäft - wenn auch im verhältnismäßig kleinen Maßstab.
Bis zu 140.000 Hektoliter jährlich - das reicht für 2.000 Fässer - will der Einzelunternehmer herstellen.
Für Gastronomen aus der Region, für Getränkehändler sowie private Biertrinker, die Geschmack mögen, der nicht in jedem Supermarkt zu finden ist.
Neue Geschmacksrichtungen auf dem Plan
Dabei braut Henning jedoch nicht nur das vergleichsmäßig milde Bier mit dem ungewöhnlichen Namen. Viel Zeit verwendet Henning auch für neue, teilweise exotische Geschmacksrichtungen.
Darunter findet sich etwa Bier mit Salbei und Myrrhe, Bier mit Anis und Zimt zu Weihnachten oder auch Bier, das aufgrund einer Chili-Note im Rachen brennt.
An diesen Beispielen wird deutlich, die Brauerei ist nicht nur Produktionsstätte, sondern auch seine Experimentierstube.
„Bis zur Serienreife eines Biers dauert es zwischen vier und neun Monate“, erklärt der Braumeister, der, seitdem er beruflich mit Bier zu tun hat, deutlich weniger Bier trinkt.
„Es ist für mich ein Genussmittel, nichts zum Besaufen“, sagt er.
Ein Getränk, mit dem er sich seit 14 Jahren beruflich auseinandersetzt.
Maschinenbau-Studium war zu theoretisch
Zunächst versuchte Henning sich in einem Maschinenbau-Studium, merkte aber schnell, dass das alles zu theoretisch ist.
Ein Freund brachte ihn auf die Idee, bei der Colbitzer Heide-Brauerei ein Praktikum zu machen. Daran schloss sich eine Lehre sowie ein entsprechendes Studium an.
In dieser Zeit und auch danach war er als sogenannter Kuckucksbrauer in Deutschland unterwegs. (mz)