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Anhalt-Neuzugang Patrick Schneider im Portrait Anhalt-Neuzugang Patrick Schneider im Portrait: Handball-Talent mit viel Potential

Von Marcus Bräuer 05.11.2015, 22:05

Bernburg - Drei Stunden sind es noch, bis das Training des SV Anhalt Bernburg beginnt. Was er bis dahin noch macht? Patrick Schneider überlegt kurz: „Also“, sagt er, „wenn Max einen Schlagbohrer organisiert bekommt, dann helfe ich ihm dabei, eine Lampe anzubringen.“ Max, das ist Bernburgs Torwart Maximilian Folchert, der wie Schneider seit diesem Sommer für den SV Anhalt spielt. Und der Schlagbohrer ist nur eines von vielen Werkzeugen, mit denen Schneider umzugehen weiß.

"Ich habe genau nach einem Spieler wie Patrick gesucht"

Als Anhalts Sportlicher Leiter Enrico Nefe den 23-jährigen Ungarn verpflichtete, wusste er nicht, dass er neben einem jungen Handballer mit viel Potenzial, auch einen hervorragenden Handwerker eingekauft hatte. Für Nefe, der sich auch um die Wohnungsbeschaffung für die Spieler kümmert, war und ist Schneider eine große Hilfe: „Ich hole alles ran und Patrick kümmert sich um den ganzen Rest. Er hilft mir damit ungemein.“ Auf sein handwerkliches Geschick angesprochen, erzählt Patrick Schneider von seinem Vater, der in Ungarn als Tischler arbeitet. „Da habe ich viel mitgeholfen und mir alles abgeschaut“, so Schneider. Wenn also ein Mitspieler eine Lampe montiert, einen Fußboden gelegt oder eine Tapete tapeziert haben möchte, ist Patrick Schneider der Mann der Tat.

Er müsste das nicht tun, niemand erwartet es von ihm. Schneider sagt: „Es ist ein gutes Gefühl, anderen helfen zu können.“

Wenn man sich mit Patrick Schneider unterhält, fallen zwei Dinge auf. Erstens: Er spricht perfekt deutsch. „Ich habe als Kind viel Super RTL geschaut“, sagt er lachend. Es ist ein halber Scherz, denn deutsches Fernsehen lief im Hause Schneider tatsächlich häufig. Sein Name verrät es schon: Seine Vorfahren sind von Deutschland nach Ungarn ausgewandert, die alte Sprache wurde in der neuen Heimat nicht eingemottet, sondern gepflegt. Zudem ist Schneiders Mutter in Ungarn als Deutschlehrerin tätig. „Ich konnte zuerst deutsch. Im Kindergarten konnte ich mit den anderen Kindern erstmal nicht quatschen“, erzählt er.

Das zweite, das auffällt, ist die ruhige, dennoch offene Art, mit der er über sich, seine Herkunft und auch seine Mannschaft spricht. Man merkt: Er fühlt sich wohl. Er sagt es auch: „Es ist mega, hier zu sein.“ Er spürte schon im März, als er zum Probetraining in Bernburg war - ein befreundeter Trainer von Enrico Nefe hatte den Kontakt vermittelt - dass ein Wechsel zum SV Anhalt der richtige Schritt ist. Und auch Enrico Nefe und SVA-Trainer Christian Pöhler waren sich sofort sicher, dass es passt.

„Wir sind eine verschworene Gemeinschaft, deswegen habe ich genau nach so einem Spieler wie Patrick gesucht“, erzählt Nefe. Neuzugänge aus dem Ausland können ein Mannschaftsgefüge gehörig durcheinander bringen - Schneider hat sich indes perfekt integriert. „Er ist einfach ein richtig guter Typ“, sagt Nefe.

Dahin, wo es wehtut

Menschlich passt es also. Und sportlich kommt Patrick Schneider, der in Ungarn nicht höherklassig gespielt hat, immer besser zurecht. Die Spielzeit hinter Steffen Cieszynski und Arseniy Buschmann ist knapp bemessen, Schneider muss sofort funktionieren, wenn er aufs Feld kommt. Beim 29:27-Auswärtserfolg gegen Hannover am vergangenen Sonntag warf Schneider „ganz wichtige Tore“ (Pöhler) in einer kritischen Phase.

An die Schnelligkeit und die offensiven Abwehrsysteme hat er sich gewöhnt. „So etwas spielen wir in Ungarn nicht“, sagt er. Seine Spielweise passt aber dazu. Er ist technisch nicht so gut, wie Cieszynski und Buschmann. Wie neben dem Feld, ist er auch auf der Platte eher ein Handwerker. Er lebt von seiner Widerstandskraft. Die fehlende Körperhöhe macht er mit einer Eigenschaft wett, die nicht jeder Handballer hat: Schneider geht dahin, wo es wehtut. „Ich kann das gut wegstecken“, sagt er.

Mit seiner Entwicklung ist er zufrieden. „Ich kann aber noch viel lernen“, sagt er. Am Sonnabend ist er mit seiner Mannschaft beim DHK Flensburg zu Gast. Es ist das letzte von drei Auswärtsspielen in Folge. „Wir haben zuletzt gegen Hannover einen Akzent gesetzt“, sagt Patrick Schneider, „das wollen wir wiederholen.“ Man könnte das „wir“ durch ein „ich“ ersetzen. (mz)